Ein Grand Prix im Kleinformat

Rennsport - Im Andelfinger Industriegebiet geht es am Wochenende heiss zu und her. Dann wird auf der Strecke des RC Clubs Wyland erstmals ein Lauf der Schweizer Meisterschaft ausgetragen.

Manuel Sackmann (msa) Publiziert: 05. Juli 2022
Lesezeit: 4 min

Ein leichter Druck auf den Gashebel, und schon düsen die kleinen Flitzer davon. Seit bald zehn Jahren rasen sie auf der Rennstrecke in Andelfingen um die Wette. Betreiber ist der RC Club Wyland. Die Abkürzung RC steht dabei für Radio (oder auch Remote) Controlled, also «ferngesteuert».

Am kommenden Wochenende rückt die Piste besonders in den Fokus: Erstmals wird auf ihr ein Lauf der Schweizer Meisterschaft ausgetragen. 30 bis 40 Fahrer werden an den zwei Tagen jeweils im Einsatz stehen. «Nach der Übernahme der Strecke war das klare Ziel, dass die SM ins Weinland kommen soll», sagt Vereinspräsident Felix Arnold. Bis Ende 2020 war die Anlage noch in privater Hand. Doch mit dem Ablauf des Mietvertrags drohte ihr Ende, die bisherigen Betreiber wollten nicht mehr. Die Rettung erfolgte durch Externe wie Felix Arnold, der wie andere im Verein nicht aus der Gegend stammt, die Piste aber nicht aufgeben wollte. «So rutschten drei oder vier von uns hinein.»

Rennstrecken sind Mangelware
Sie hätten sich in der RC-Szene umgehört und bald rund 30 Leute gefunden, um die Rennstrecke gemeinsam als RC Club Wyland zu übernehmen. Mittlerweile zählt der Verein über 40 Mitglieder und ist Teil des nationalen Verbands. Letzteres ist Voraussetzung, um die Schweizer Meisterschaft zu sich zu holen. Ein solcher Anlass lohne sich und bringe Reputation, sagt der Präsident. Ausserdem seien Strecken Mangelware. «Letztes Jahr musste deshalb gar ein SM-Lauf in Singen durchgeführt werden – das kann es ja nicht sein!», findet Felix Arnold.

Am Samstag um 9 Uhr beginnen die ersten Trainingsläufe, spannend wird es vor allem in den drei Finalläufen. Denn während sich die Fahrer in Training und Qualifikation noch aus dem Weg gehen, kämpfen im Final acht bis zwölf Teilnehmende gleichzeitig um den Sieg und jeden Zentimeter. Damit auch alles mit rechten Dingen zu und hergeht, werden die Rennen von einem Schiedsrichter begleitet, der auch einmal Zeit- oder Stop-and-Go-Strafen ausspricht.

Kein «Bubenspielzeug»
Ferngesteuerte Fahrzeuge sind zwar bei vielen Kindern beliebt. Von einem «Bubenspielzeug» will Felix Arnold aber nichts wissen. Klar werde man wieder etwas zum Kind, wenn man sich mit der Konkurrenz duelliere. Es soll ja auch Spass machen. Aber für ein Spielzeug seien die eingesetzten Fahrzeuge zu leistungsstark – und zu teuer. Unterschieden wird zwischen 2WD- und 4WD-Autos, also mit Zweirad- oder Vierradantrieb. Erstere kosten etwa 1000 Franken, Letztere gegen 1200 Franken. Und mit Werkzeug und Ersatzteilen führt ein RC-Pilot schnell einmal Equipment im Wert von 3000 Franken mit sich.

Für Rennen vorgeschrieben sind die Abmessungen des Fahrzeugs, ein Mindestgewicht, die Pneus und die Akkuleistung (in Andelfingen wird ausschliesslich elektrisch gefahren). Abgesehen davon könne viel optimiert werden, erklärt Felix Arnold. «Natürlich will jeder so nah wie möglich an das Mindestgewicht kommen.» Erreicht wird das unter anderem durch den Einsatz von Titanbauteilen. Und: «Die Aerodynamik arbeitet auch auf dieser Stufe.» Je nach Karosserie könne sich das Fahrverhalten ändern. «Wir tüfteln gerne», so der Vereinspräsident, der seit acht Jahren Rennen fährt.

Ein nationales Novum
Der RC Club Wyland ist ständig mit der Optimierung seiner Strecke beschäftigt. Teilweise wird nur der Teppichbelag ersetzt. Der Verschleiss ist gross, die kleinen Autos üben eine grosse Wirkung aus. «Wir reden hier von etwa 700 Watt Leistung bei einem weniger als 1,5 Kilogramm schweren Fahrzeug.» Damit erreichen sie auf der Geraden bis 40 km/h.

Im Schnitt einmal pro Jahr baut der Verein die Piste ganz um und sorgt so für Abwechslung. Erst in diesem Frühling wurde die Steilwand vergrössert. Statt wie bisher nur die halbe Breite umfasst sie neu die ganze. Steilwände seien selten in der Szene, sagt Felix Arnold. «Eine so grosse Kurve wie in Andelfingen ist an der Schweizer Meisterschaft sogar ein Novum.» Ebenfalls neu ist eine Scheinwerferanlage. «Jetzt können wir auch in der Nacht fahren.»

Grundsätzlich steht die Andelfinger Rennstrecke auch Externen offen. Voraussetzung ist, dass sie sich vorgängig beim RCCW anmelden, das Bahnreglement befolgen und eine Tagesgebühr von 20 Franken zahlen. Auch der Schreibende durfte sich von der Fahrerterrasse aus als Pilot versuchen. Sagen wir es so: Die Ansätze waren gut, aber der Vereinspräsident war als Streckenposten regelmässig gefordert. Es braucht eben wirklich nur einen leichten Druck auf den Gashebel, und die nächste Kurve kommt rasch näher.


Schweizer Meisterschaft: Samstag, 9. Juli und Sonntag, 10. Juli im Andelfinger Industriegebiet zwischen der A4 und der Autohalle: www.rccw.ch

 

Hier zu einem früheren Beitrag in der Andelfinger Zeitung.