EM-Gold und Hoffnung auf mehr

Leichtathletik - Mit Blasmusik, Fahnen und Delegationen von sieben Vereinen sowie vielen Gästen ist Europameisterin Angelica Moser im Andelfinger Schlosshof empfangen worden. Der Titel hievt sie in neue Sphären.

Roland Spalinger (spa) Publiziert: 18. Juni 2024
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Nach einem Wettkampf ist vor einem Wettkampf. Für Angelica Moser, frisch gekürte Europameisterin im Stabhochsprung, sind das weniger die Schweizer Meisterschaften Ende Juni in Winterthur als vielmehr die Olympischen Sommerspiele in Paris; ihr Wettkampf beginnt am 5. August um 10.40 Uhr mit der Qualifikation. 4,78 Meter, die Höhe, die ihr EM-Gold brachte, würden dann nicht für eine Medaille reichen, meinte die 26-Jährige am Sonntag im Schlosshof.

Dort bereitete ihr Andelfingen einen schönen Empfang. Sieben Vereine bildeten mit ihren Fahnen ein Spalier, durch das auch ihr Onkel, Swiss-Olympic-Präsident Jürg Stahl, auf den Platz schritt. Man habe gewusst, dass eine Medaille möglich sei. Wenn es dann aber tatsächlich eintreffe, sei es doch eine Riesenüberraschung, freute er sich für seine Nichte. Dann, kurz nach 17 Uhr, wurden die Fahnen geschwenkt, der Musikverein Andelfingen spielte auf, und die Sportlerin kam mit umgehängter Medaille und unter tosendem Applaus durchs Tor; sie hatte nicht weit, ihr Elternhaus liegt gleich ums Eck beim Schloss.

Manuel Conrad überbrachte die Glückwünsche des Gemeinderats und übergab das Wort für das Gespräch mit der Europameisterin an Manuel Stocker, der vier Hüte trägt: Kommunikation für ihren Verein LC Zürich, für Weltklasse Zürich, bei Swiss Athletics sowie von ihrem Management. Er und Angelica Moser begaben sich dafür ein bisschen in die Höhe. Auf dem Brunnenrand im Schlosshof waren sie für die rund 300 Personen zwar gut zu sehen, aber ohne Mikrofon nicht gut zu hören; die Gemeinde war vom Grossaufmarsch überrascht worden.

Nicht der beste Sprung
Wenn Angelica Moser an internationalen Anlässen aufs Podest sprang, dann ganz nach vorne. Neunmal schon gewann sie Gold. Ob sie etwas gegen zweite und dritte Plätze habe, fragte Manuel Stocker. «Offensichtlich», antwortete sie und schob nach, dass das EM-Gold nun auch Kompensation sei für vierte Ränge, die sie erleben musste, 2024 an der Hallen-WM in Glasgow und 2022 an der Freiluft-EM in München. Ihr Siegsprung sei nicht ihr bester gewesen, sie sei «technisch schon sauberer» gesprungen. Dies gebe ihr Hoffnung für den Rest der Saison.

Ihre aktuelle Konstanz erklärte sie mit gutem Training, Spass am Springen und intaktem Selbstvertrauen. Sie sei ja in Rom auch im Vatikan gewesen, wusste Manuel Stocker, und fragte: «Hast du dir Hilfe von oben geholt oder dich als Angehörige der Armee bei der päpstlichen Garde beworben?» Weder noch! Sie habe dort ihre Eltern und ihren Freund getroffen. Und zwei Stunden stillstehen wäre nicht so ihr Ding.

Gleichauf mit Kambundji
Ihr Freund Kevin Bozon, Hockeyspieler beim HC Ajoie, war im Schlosspark anwesend und dank Trainingspause auch in Rom dabei gewesen. Aufregend und eine grosse Freude sei es gewesen, sagte er. Er sei stolz auf seine Partnerin. Sie leben in der Nähe von Delémont, also zwischen ihren Hauptwirkungsstätten Eishalle Pruntrut und Magglingen, und sprechen zu Hause französisch.

Was bedeutet der Titel finanziell? «Er lässt sich vermarkten», sagte ihr Manager Manuel Stocker im Gespräch. Angelica Moser sei nach Lea Sprunger und Mujinga Kambundji erst die dritte Schweizer Freiluft-Europameisterin und bewege sich nun auf deren Höhe. Und was Letztere in Rom geschafft hat, die Titelverteidigung (über 200 Meter), könnte Angelica Moser 2026 in Birmingham in ihrer Disziplin auch schaffen. Zuerst aber kommt Paris. Eine Olympia-Medaille brächte sie noch höher. Dort wolle sie den Final erreichen, sagte die Athletin. Dann sei aber viel möglich. Anders als bei den Männern gebe es bei den Stabhochspringerinnen keine klare Favoritin. Sie seien alle nahe beieinander, sagte sie zur Ausgangslage.