Sport

Um Ruhm und Ehre: Trottis und Rasis geben Vollgas

Am Samstag sind die Motor-Trottis und Rasenmäher wieder über die schlammige Strecke in Buch am Irchel gebrettert. Im Mittelpunkt stand nicht der Konkurrenzkampf, sondern der Spass am Fahren und Schrauben.

von Jan Wattenhofer
20. August 2024

Noch brav schnurren die Motoren an der Startlinie. Gespannt warten die Fahrer auf ihren motorisierten Trottis auf das Signal. Dann heulen die Maschinen ohrenbetäubend auf, gefolgt von lautem Knattern. Die Zwölf-Zoll-Räder drehen durch, die Fahrer zischen davon. Schlamm und Erde werden in die Luft geschleudert. Zurück bleibt nur eine Schwade aus Auspuffgasen und ein strenger Geruch nach Benzin.

Für das Trotti- und Rasenmäher-Rennen vom Samstag finden sich in Buch am Irchel Motorsportler aus der ganzen Schweiz ein. «Zwei Rasenmäher-Fahrer kommen sogar aus Deutschland», sagt Dominik Meier, OK-Präsident der Rennveranstaltung. In drei Läufen zu jeweils vier Kategorien treten die Trottis der Marke Eigenbau gegeneinander an: Moskito, Skorpion, Saurier und Seitenwagen. «In der Saurier- und Seitenwagen-Kategorie erreichen die Trottis bis zu 70 km/h, je nach Beschaffenheit der Strecke», sagt Dominik Meier. 

Die Rennbahn befindet sich in diesem Jahr auf einem Feld direkt am Hang. «Der Vorteil daran ist, dass das Publikum die Fahrer immer im Blick hat.» Die Strecke ändert jährlich. Vom Landwirt bekomme der Trotticlub am Irchel jeweils ein Feld zugewiesen, erklärt der OK-Präsident. Darauf werde die neue Piste angelegt.

Dass die Fahrer in Buch am Irchel keine bekannte Strecke antreffen, scheint niemanden zu stören. Denn: «Gefahren wird um Ruhm und Ehre – und natürlich zum Spass», sagt Dominik Meier. Preise gebe es keine zu gewinnen. Es herrsche ein kollegiales Miteinander unter den Trotti- und Rasenmäher-Piloten.

Jetzt rasen die Rasis
Dann können endlich die Rasenmäher – von allen Rasis genannt – auf die Tube drücken. Im freien Training machen sich die Fahrer mit der Strecke bekannt, brausen um die Kurven und drücken auf der Zielgeraden das Gaspedal durch. «Auch die Rasis haben bis zu 60 Sachen drauf», sagt Dominik Meier.

Am Abend wird es für die Rasi-Fahrer dann ernst. In einem zweistündigen Rennen flitzen die aufgemotzten Rasenmäher den Hang hinauf und hinunter. Wie in der Formel 1 müssen die Piloten genau planen, wann sie auftanken. Leon Lindner schafft es, mit seinem Gefährt 149 Runden in 120 Minuten zu absolvieren, und sichert sich den ersten Platz. Adrian Betschart wird Zweiter mit 143 Runden, Fabian von Allmen ist mit 136 Runden Drittplatzierter.

Siege und Pannen
Daniel Kronenberg aus Hägendorf bei Olten ist schon ein Urgestein in der Motor-Trotti-Gemeinschaft. 2006 hat er mit seiner umgebauten Yamaha aus den 80er-Jahren sein erstes Rennen bestritten. Dieses Jahr habe er eigentlich nicht mehr antreten wollen, sagt er. «Ich wurde dann trotzdem überredet.» Eine gute Entscheidung, wie sich später herausstellen wird. Gleich in drei Kategorien schafft es der Fahrer mit der Startnummer 87 auf das Treppchen: Bei den Moskitos und Skorpionen sichert er sich jeweils den ersten Platz, bei den Sauriern holt er Bronze.

Ganz so reibungslos wie bei Daniel Kronenberg läuft es nicht bei allen. Vor allem die Seitenwagen stehen unter keinem guten Stern. Während die Fahrer mit der Nummer 28 auf der Ziellinie von der Strecke abkommen und um ein Haar in den Zuschauerbereich donnern, scheidet das Team von Remo Bretscher frühzeitig aus. Das Rad des Seitenwagens löst sich. Im dritten Lauf wagen sie noch einen Versuch. Doch nach 22 Sekunden ist auch dieser für sie vorbei. 

Ähnlich ergeht es Fabian Baumann aus Herisau. Beim Versuch, einen Wheelie zu machen, habe sich sein Trotti überschlagen, erzählt er. Verletzt habe er sich dabei nicht. «Ich konnte noch rechtzeitig abspringen», sagt die Startnummer 9. Die Enttäuschung, nicht weiterfahren zu können, sei gross.

Der Traum vom Podest
Neben dem Dröhnen und Brummen der Motoren dringt immer wieder die Stimme des Kommentators aus den Boxen: «Jetzt ist der Lokal-Matador in Führung.» Um jede Runde wird gekämpft – natürlich freundschaftlich. Keiner riskiert auf der Strecke mit Absicht seinen Kopf.

«Ab einem gewissen Alter ist es schon ein Erfolg, wenn man abends sicher zu Hause ankommt», sagt Hans-Ulrich Wilhelm aus Wetzikon. Weil er früher immer irgendwelche Blessuren oder Kratzer gefällt habe, sei er unter dem Namen «Bobo» bekannt. «Das hat nichts mit dem DJ zu tun.» Er düst schon acht Jahre mit seinen Motor-Trottis über die Rennbahnen. Dem ehemaligen Lastwagenmechaniker gefällt das Zusammenschrauben der eigenen Rennvehikel aber genauso wie das Fahren.

So hat jedes Trotti seinen eigenen Charakter. Das stellt auch die Startnummer 77 fest: «Mir fehlt die Leistung, dafür kann ich die Kurven gut nehmen», sagt der junge Niklas Keller aus Berg am Irchel. Er ist zum ersten Mal dabei. Erst vor zwei Monaten habe er sein motorisiertes Zweirad vom Vater seines Kollegen übernommen. Das Rennen sei bisher nicht besonders gut gelaufen, erzählt er. Am Ende platziert er sich bei den Moskitos auf einem soliden siebten Rang. Gesamthaft fahren elf in der Kategorie mit. «Es fühlt sich schon besser an, wenn man auf dem Podest steht», sagt der Trotti-Debütant. Darum wolle er nächstes Jahr wieder antreten.

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