Der Protest gegen ein Atommülllager im Weinland – offiziell geologisches Tiefenlager genannt – beschränkte sich in jüngster Zeit auf die Mahnwache; jeden Donnerstag von 17 bis 18 Uhr markieren ein paar wenige Frauen und Männer bei der Kreuzung Benken-Marthalen-Rheinau Präsenz.
Es ist ein stiller Protest vis-à-vis dem Hinkelstein, den Jürg Rasi als Initiant und Präsident der Ländlichen Interessengemeinschaft kein Endlager (Like) im Weinland im September 2018 platziert hat. Nun hat die IG den Platz um das im Frühling 2020 amtlich bewilligte Mahnmal leicht ergänzt.
Hinzu kamen fünf gelbe Fässer mit dem Warnsymbol für Radioaktivität sowie Plakate des Bauernverbands, Abfall macht krank. Landwirt Jürg Rasi nimmt da nicht die Gefahr der Strahlung vorweg, sondern spricht das ganze Prozedere der Tiefenlagersuche an. Es belaste ihn und seine Familie «und macht langsam krank».
Neukoms Antwort ist «dicke Post»
Nachdem sich in jüngster Zeit bloss offizielle Stellen sowie die Nagra geäussert hatten – sie sagte, der Opalinuston sei dicht und habe die Fähigkeit, Klüfte selbst abzudichten, zudem könne sie «schon heute ein sicheres Lager bauen» –, war der Auftritt von Regierungsrat Martin Neukom (Grüne) im Kantonsrat am 24. Januar der Auslöser für die neuerliche Aktion mit Signalwirkung.
Dessen Antwort auf die dringliche Interpellation von Kantonsrat Markus Späth-Walter (SP, Feuerthalen) zeigte dem Marthaler Landwirt Rasi, dass die Endlagerthematik zehn Monate vor dem Standortentscheid endgültig die sachliche Ebene verlassen und politische Phase erreicht habe. Martin Neukom verneinte einen möglichen Nutzungskonflikt im Untergrund. Das Tiefengrundwasser eigne sich nicht als Trinkwasser und werde somit nicht genutzt, sagte er.
Markus Späth und die Atomkritische Organisation «Klar! Schweiz» bekräftigten ihre Kritik, wonach ein fundierter Überblick über die Ressource Tiefengrundwasser fehlt. Jürg Rasi teilt diese Ansicht über den Zielkonflikt unter der Erdoberfläche. Wenn nicht zum Trinken, wie von Regierungsrat Neukom erwähnt, so könnte dieses Wasser zum Bewässern von Kulturen genutzt werden. «Irgendeine spätere Generation wird es brauchen», glaubt er.
Werde das Vorkommen nicht angebohrt und untersucht, erfülle der Sachplan seine Aufgabe nicht, sämtliche bekannten Risiken eines Tiefenlagers aufzuzeigen. Denn wer wisse schon, wie sich das Klima verändere, sagt er. Und vielleicht sei in 200 Jahren das gefährliche Lager im Boden vergessen und werde dann auf der Suche nach Wasser durchbohrt.
«Wichtige Ressource»
Eine Studie von 2015, in die auch das Bundesamt für Umwelt involviert war, hielt fest, dass Tiefengrundwasser als Teil unterirdischer Wasservorkommen «grundsätzlich eine wichtige Ressource» darstellt – sowohl die aktuell genutzten als auch die potenziell in Zukunft nutzbaren. Es komme bis in Tiefen von 2,5 Kilometer vor, sei mehrheitlich gering mineralisiert und weise zum Teil auch Trinkwasserqualität auf.
Wie der Baudirektor das Anliegen abgewiesen habe, sei «dicke Post», findet Jürg Rasi. Zumal der Kanton rechtliche Mittel ergreifen und das Verfahren blockieren könnte. «Klar! Schweiz» verlangt deshalb in der Mitteilung in Bezug auf die dringliche Interpellation, dass die Untersuchung nachgeholt werde – wenn nicht für alle Standorte, dann wenigstens für den dannzumal vorgeschlagenen.
Bis zum Standortentscheid
Dies soll im Herbst 2022 der Fall sein. Fällt der Entscheid aufs Weinland, dürfte der Widerstand gegen das Lager wieder erwachen, glaubt Jürg Rasi. Auch in der Landwirtschaft, die nicht nur Produktionsfläche verlieren, sondern auch einen Imageschaden erleiden würde. Bis zum Entscheid herrsche wohl Zurückhaltung – bis auf die donnerstägliche Mahnwache.
Auslöser war Kontroverse um Tiefengrundwasser
Marthalen - Abfall macht krank. Für Landwirt Jürg Rasi gilt dies nicht nur für achtlos Weggeworfenes, sondern auch für das Prozedere um den drohenden Müll im Untergrund. Die jüngste Debatte beschäftigt ihn.
Roland Spalinger (spa)
Publiziert: 01. Februar 2022
Lesezeit:
3 min
Auslöser war Kontroverse um Tiefengrundwasser