Bahnhofscafé mit Coworking

Ossingen - Fast vier Jahre blieb der Bahnhof ungenutzt. Seit September führt Meike Krott darin das Café Liesowski. In Kürze bietet sie im einstigen Bahnhofbüro einen modernen «Coworking-Space» an.

Silvia Müller (sm) Publiziert: 24. Januar 2025
Lesezeit: 4 min

Kaffee und etwas Proviant bekam man am Bahnhof Ossingen schon früher, als am Schalter auch noch Billette und Reisen gekauft werden konnten. Vor vier Jahren war damit aber Schluss (AZ vom 5.1.2021). Seither standen der Warte- und Schalterraum und das Büro dahinter leer. Erst letzten Sommer wurden sie zu einem Café umgebaut. Dass die neue Wirtin hauptberuflich Architektin ist, sieht man dem angenehm klaren Ambiente an.

Meike Krott selbst ist im Juli 2024 von Winterthur nach Ossingen gezogen. «Ich kam vorher in der Freizeit oft hierher, und der leere Bahnhof reizte mich jedes Mal», erzählt sie. Sie hatte schon länger über ein Café mit Büro und Arbeitsplatz nachgedacht und sah die Chance gekommen.

Zusammen mit der SBB, der Denkmalpflege und der Gemeinde klärte sie ab, was im denkmalgeschützten Gebäude baulich und betrieblich überhaupt möglich wäre. Das Resultat ist ein lichtdurchflutetes Café mit drei runden Tischchen und zwölf Sitzplätzen. Einzig die rundum laufende Sitzbank erinnert noch an den einstigen Wartesaal. An der Stelle des Billettschalters mit Fensterchen und Münzkarussell steht nun eine Theke. Darauf eine Kaffeemaschine und eine Kühlvitrine. Eine Auswahl an Zeitschriften und die liebevoll ausgestattete Spielsachenecke machen, dass sich von den Grosseltern bis zum Enkelkind alle wie zu Hause fühlen können.

Montag bis Donnerstag frühmorgens

Ende September öffnete das Café Liesowski zum ersten Mal. Da Meike Krott weiterhin im Beruf arbeitet, braucht sie im Café die Hilfe von Freundinnen und Freunden. Auch die anderen im Viererteam arbeiten hauptberuflich anderswo und wechseln sich bei den Einsätzen im «Liesowski» ab. Von Montag bis Donnerstag öffnen sie das Café von 6.40 bis 9 Uhr. Die Idee sei, dass sich die Pendlerinnen und Pendler einen Kaffee mit auf die Fahrt nehmen könnten. Weil viele morgens eher knapp dran sind und das Kaffeeholen sehr schnell gehen muss, wurde extra eine Zweikolbenmaschine angeschafft und das Fenster zum Gleis hin als Take-Away-Schalter frei gehalten.

«Bis jetzt ist Kaffee über die Gasse aber nicht so gefragt, dass wir oder unsere Ausrüstung an den Anschlag kämen», erzählt Meike Krott. Die Passagiere müssten sich wohl erst wieder daran gewöhnen, dass der Bahnhof bewirtet sei. «Die meisten treffen erst kurz vor dem Zug beim Gleis ein – wir müssen wohl noch eine Weile lang beweisen, dass uns und unserer Maschine zwei Minuten tatsächlich reichen.» 

Freitag und Samstag von 9 bis 17 Uhr

Die «Andelfinger Zeitung» besuchte das Café an einem Freitag, Carlo Zappia hatte die Morgenschicht. Er arbeite einen halben Tag pro Woche hier, erzählte er, während er den vom Team selbst gebackenen Biokuchen in die Vitrine stellte. Kuchen gibts immer freitags und samstags, wenn das Café den ganzen Tag geöffnet ist.

Auch er sei ursprünglich Hochbauzeichner und Bauleiter und habe Meike Krott in dieser Branche kennengelernt. Die Abwechslung im Café gefalle ihm, und er hoffe, dass die Nachfrage im Frühling zunehme: «Darauf freue ich mich. Dann können wir auch draussen Tische und Stühle aufstellen. Ich denke mir, dass hier ein Glacéangebot gut ankäme», sagte er.

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Auch Meike Krott (Mitte), Stefanie Geser (links) und Delia Lips sind regelmässig für die Gäste da. | zvg

Chance: Coworking-Arbeitsplätze

Meike Krott ist ebenfalls optimistisch. Dank ihrer Festanstellung als Architektin könne das Café längerfristig funktionieren. «Bis Ende Januar ist der Coworking-Space im Bahnbüro fertig eingerichtet, das wird ein wesentlicher Schritt», sagt sie. Will heissen, dort stehen dann rund um die Uhr Strom, Internet, Drucker und eine gute Arbeitsumgebung zur Verfügung. Diese Infrastruktur wolle sie einerseits selbst nutzen. «Das gibt mir und dem Team die Möglichkeit, andere Arbeiten zu erledigen, wenn im Café nichts los ist.» 

Im Coworking-Space kann man sich auch einmieten. «Wer den Schlüssel hat, kann hier rund um die Uhr ungestört arbeiten, falls zu Hause oder im Büro der Platz knapp oder der Lärmpegel zu hoch ist», sagt sie. Zwei Anfragen für temporäre Nutzungen habe sie bereits erhalten, und «super wäre, wenn jemand täglich hier arbeiten würde».

Wandergruppen und kleine Anlässe

Das hübsche Lokal kann bis auf 20 Sitzplätze erweitert und gemietet werden. Am 13. Januar habe der «Treffpunkt Frau» darin seine Jahresplanung abgehalten, und demnächst sei eine Geburtstagsfeier angemeldet. «Wandergruppen schätzen es ebenfalls, wenn sie vor oder nach dem Marsch eine Einkehr direkt beim Bahnhof einplanen können.» Ihr persönlich würde es «besonders Freude machen, wenn die Spiel­sachen oft gebraucht würden».