Bank baut ohne Photovoltaik – Heimatschutz will es so

Stammheim - Die Leihkasse bekommt die präzisierte Haltung des Zürcher Heimatschutzes bezüglich geschützter Ortsbilder zu spüren. Um endlich bauen zu können, verzichtet sie darauf, ihren Strom selber zu produzieren.

Roland Spalinger (spa) Publiziert: 30. Oktober 2020
Lesezeit: 2 min

«Der Bankneubau in Oberstammheim kann starten», schreibt die Leihkasse Stammheim AG in einer Mitteilung. «Wir freuen uns, diesen Meilenstein erreicht zu haben.» Sie hat das Nachbargebäude gekauft, das ehemalige Schuhhaus Wattinger («AZ» vom 30.11.2018), und zieht dort ihr Bank­gebäude mit drei Mietwohnungen hoch. Anfang Oktober wurde mit dem Abbruch begonnen, drei Monate später als geplant.

Grund für die Verzögerung war ein Rekurs. Der Zürcher Heimatschutz (ZVH) hatte den Baurechtsentscheid verlangt und gegen das am 20. Mai erteilte Baugesuch Einsprache erhoben, schliesslich aber mit der Leihkasse eine Einigung erzielt. Im Eingangs­bereich sind marginale bauliche Änderungen notwendig, sprich eine zusätzliche Säule muss erstellt werden. Und die Bank verzichtet auf die Photovol­taikanlage auf der Südseite des Daches. Diese hätte den Strom erzeugt, den sie tagsüber braucht.

Gemeinde störte sich nicht daran
Nach diesen Zugeständnissen hat der ZVH den Rekurs zurückgezogen, die Baubewilligung wurde rechtskräftig. Die Gemeinde Stammheim hatte sich nicht an der PV-Anlage gestört. Gemäss gültiger Bauordnung von Oberstammheim sind «Ener­gie­gewinnungs­anlagen an wenig einsehbaren Gebäudeteilen zulässig» (Art. 11, Punkt 10) und somit bewilligungsfähig, wie Gemeindeschreiber Christian Noth sagt. Beim Bankgebäude wäre dem Rechnung getragen gewesen; die Südseite des Daches ist dem Dorfkern abgeneigt.

Wie bei einem Weiterzug entschieden worden wäre, bleibt offen – mit der Einigung verzichtete die Leihkasse auf einen Gang vor das Baurekursgericht mit ungewissem Ausgang, vor allem aber auf eine weitere Verzögerung. Solarzellen verhindern auf einem Neubau, in dem der Strom dann gebraucht wird, wenn er tatsächlich produziert wird – ist das sinnvoll? Martin Killias, Präsident des Zürcher Heimatschutzes, kennt die Si­tua­tion vor Ort und sagt auf Anfrage, der Heimatschutz habe seine Haltung bezüglich national geschützter Ortsbilder präzisiert. Für diese gelte konsequent ein «Njet». Wegen der Rechtsgleichheit. Würde sein Verband bei der Bank Ja sagen, beim Nachbarn aber hart bleiben, wäre dies nicht zu rechtfertigen.

Einerseits beurteile der ZVH, wie wertvoll ein Gebäude sei, was jedes Mal ein Einzelfall, bei einem Neubau aber an sich kein Problem sei. National geschützte Ortsbilder jedoch dürften nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Eine Solaranlage würde aber genau das bedeuten, weshalb sie das «durchziehen» müssten.

Für das Weinland mit seinen national (Andelfingen, Benken, Berg am Irchel, Flaach, Marthalen, Ossingen, Rheinau, Stammheim) und regional (Dachsen, Dorf, Feuerthalen, Flurlingen, Laufen-Uhwiesen, Kleinandelfingen) geschützten Ortsbildern heisst das: Die Ener­gie­wende muss anderswo stattfinden.

Michael Tanner, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Leihkasse Stamm­heim, rechnet mit einer Bauzeit von rund 20 Monaten – gleich lang, wie die Planung gedauert hat.