Minipig Hugo starb acht Tage nach seinem Umzug zu einem Artgenossen.
Minipig Hugo lebte nach dem Tod seiner Schwester im Herbst allein in seinem Gehege – was anonym dem Veterinäramt gemeldet wurde («AZ» vom 28.2.2020). Seine Besitzerin sah zwar nicht ein, warum Hugo seine letzten Lebenstage nicht allein verbringen sollte. Trotzdem suchte sie auf Forderung des Veterinäramts nach einer Lösung und fand sie via Facebook: Hugo zügelte zu einem anderen Minipig. Dort lebte das 15-jährige Schwein allerdings nicht mehr lange: Acht Tage nach seinem Umzug starb er; ob an natürlicher Altersschwäche oder wegen Umzugstress ist nicht klar.
Klar ist aber, dass das Tierschutzgesetz sowie die Tierschutzverordnung Mindestanforderungen an die Haltung sämtlicher Tierarten stellen. Diese betreffen sowohl das Gehege in Bezug auf Grösse und Ausstattung sowie Belegung wie auch die Fütterung und Pflege. Berücksichtigt werden muss zudem das Sozialverhalten, wie auf der Website des Zürcher Veterinäramts nachzulesen ist. Dies bedeutet, dass sozial lebende Tiere wie Vögel, Papageien, Meerschweinchen und Ratten mit Artgenossen gehalten werden müssen. Ausnahmen gibt es nur für sozial unverträgliche Tiere, die dann aber in Sicht-, Riech- und Hörweite leben müssen, sowie im Haushalt gehaltene Hunde und Katzen.
Bleibt TV-Schwein Paula allein?
Unter Heimtiere fallen dabei aber nicht nur im Haushalt lebende Arten, sondern auch Wildtiere wie Mäuse, Ratten, Hamster, Ziervögel, verschiedene Fische, Reptilien und Amphibien. Tiere wie Schweine, Geflügel und Ziegen, die auch als Nutztiere gehalten werden können, sind zudem beim Veterinäramt zu registrieren.
Ähnlich wie Hugo könnte es Paula ergehen – das Schwein ist nicht nur viel grösser als das Minipig, dank der Sendung «SRF bi de Lüt – Echte Tierhelden» erreicht ihr Schicksal auch wesentlich mehr Leute. Paula lebt auf dem Tiergnadenhof in Kaisten AG. Eine Gesellschaftung mit einem Wildschwein scheiterte, weshalb die Zwillinge Stefanie und Janina Sutter nun eine Lösung suchen (Fr, 1.5.20, 20.05 Uhr, SRF1). In der ersten Folge am letzten Freitag (online vefügbar) äusserte Stefanie Sutter noch die Hoffnung, das Veterinäramt möge sehen, dass es dem Schwein in Gesellschaft von Hühnern und Hunden gut gehe. Vielleicht ist das Veterinäramt im Aargau unter medialem Druck kulanter.
Irgendwann stellt sich bei manchen Tierhaltern (wie bei der Besitzerin von Hugo) die Frage, ob sie ihre Heimtiere weiter behalten wollen. Denn stirbt bei sozialen Tieren der Artgenosse, muss eine Lösung her. Im Falle von Hugo war es vielleicht doch nur die zweitbeste.
«Kontrollen vor Ort gehören zu unseren Aufgaben»
Was, wenn nur noch ein Artgenosse übrig ist? Mona Neidhart, Kommunikationsverantwortliche für Hunde beim Zürcher Veterinäramt, nimmt Stellung.
2008 trat das aktuelle Tierschutzgesetz in Kraft. Seither dürfen Heimtiere wie Meerschweinchen, Hasen und Wellensittiche nicht mehr alleine gehalten werden. Was bedeutet es für soziale Tiere, wenn sie alleine im Käfig hocken?
Mona Neidhart: Nur zwei Beispiele: Für Vögel bedeutet es, sich nicht gegenseitig das Gefieder pflegen und für Kaninchen, nicht in Körperkontakt ruhen zu können. Auch fehlt der Partner, der versteht und auf Laute antwortet. Sozial lebende Tiere allein zu halten, bedeutet eine nicht artgerechte Haltung. Dies kann zu Verhaltensstörungen und schliesslich Leiden beim Tier führen.
Um diese Tiere artgerecht zu halten, braucht es mehr als nur einen Artgenossen?
Das Gesetz schreibt mindestens einen Artgenossen vor. Schwarmvögel benötigen von Natur aus regen Kontakt zu Artgenossen und fühlen sich im Schwarm sicher, weshalb die Haltung von mehreren Tieren in der Voliere geeigneter ist.
Auf unserer Website finden Sie (die grauen Kacheln rechts, Anm. d. Red.) Hinweise zur tiergerechten Haltung von Nagern, Kaninchen und Vögeln. Die Dokumente stammen vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV).
Was raten Sie Besitzern, wenn die Tiere alt geworden sind und eines stirbt, eine Haltung aber nicht dauerhaft fortgesetzt werden soll?
Es gibt die Möglichkeit, ein ähnlich altes Tier zu suchen oder sein Tier weiterzugeben. Gerade Familien im Quartier helfen sich so oft gegenseitig. Es gibt auch Institutionen, die beispielsweise Meerschweinchen ausleihen, wenn ein Tier zurückgeblieben ist. Werden ältere Tiere mit einem neuen Partner zusammengebracht, ist dies vorsichtig zu tun und gut auf die Verträglichkeit zu achten.
Dürfte ein Besitzer in so einem Fall sein gesundes Tier einschläfern lassen, um das Gesetz einzuhalten?
Wir plädieren für andere Lösungen als die Euthanasie. Es gibt Auffangstationen, und allenfalls kann ein solches Tier in einem Tierheim zur Weitervermittlung abgegeben werden.
Wie gut können Kantonstierärzte kontrollieren, ob Heimtiere artgerecht und mit Partner gehalten werden?
Viel Verbesserung bringt die gute Information und die Beratung – es gibt viele Angebote, auch private wie der Zürcher oder der Schweizer Tierschutz. Bei bewilligungspflichtigen Heimtieren, die korrekt bei uns registriert sind, gehören Kontrollen vor Ort zu unseren Aufgaben. Bei anderen Tierhaltungen wird es schwierig, da sind wir auf Meldungen aus der Bevölkerung angewiesen, um die Haltungssituation überprüfen zu können.
Was passiert, wenn Sie davon erfahren, dass ein soziales Tier alleine gehalten wird?
Das hängt von der Meldung ab, ob auch weitere Haltungsmängel vermutet werden. Wir klären telefonisch auf und verlangen einen Beleg über die gefundene Lösung, oder die Tierhaltung wird aufgesucht. Manchmal hilft auch bereits ein Aufklärungsschreiben.
Wie hoch sind Strafen dafür?
Dazu ist uns keine Praxis bekannt. Meist ist die Halterin oder der Halter einsichtig und sucht kurzfristig eine Lösung, oder es sind Mängelfälle mit verschiedenen Verstössen.
Interview: Christina Schaffner
Info: veta.zh.ch/internet/gesundheitsdirektion/veta/de/tierschutz0/heimtiere.html
Bedürfnissen von Tieren gerecht werden