Bushaltestellen falsch geplant?
Zwanzig Jahre hatten die Gemeinden Zeit, um ihre öffentlichen Bauten und Anlagen alters- und behindertengerecht nachzurüsten. Ab dem 1. Januar müssen Verkehrsbetriebe und Haltestellenbesitzer nun Überbrückungsmassnahmen finanzieren, wenn sie ihre Bauten nicht angepasst haben. Nun hat der Gemeinderat Pläne vorgelegt, um die Bushaltestellen in Berg und Oberwil umzubauen. Für beide Projekte – inklusive der Erstellung eines Wartehäuschens in Berg – wurden Kosten von 150'000 Franken veranschlagt. Fundiert kritisierte ein Stimmbürger, der laut eigener Aussage selbst schon einige solcher Haltestellen geplant habe, die Pläne der Ingesa AG. Für eine gerade Anfahrt an die Rampe fehle dem Gelenkbus Strecke, ausserdem sei nur die zweite Fahrzeugtüre hindernisfrei zugänglich, besser wäre eine verlängerte Haltestelle. Ein Rückweisungsantrag wurde mit nur zwei Stimmen (54 zu 56) hauchdünn abgelehnt.
Die beiden anderen Projekte, der Ersatz von 170 Metern Wasserleitung an der Lindenhof- und der Dorfstras-se für 220'000 Franken und die Umrüstung der Strassenbeleuchtung auf LED wurden fast diskussionslos verabschiedet. (tz)
Es war wohl die bestbesuchte Gemeindeversammlung seit Langem: Von den rund 850 Stimmberechtigten in Dägerlen waren 131 in der Turnhalle in Rutschwil dabei, als über die Einzelinitiative von Katrin Cryer abgestimmt wurde. Und zwar um 23.30 Uhr – denn die Versammlung der Politischen Gemeinde allein wartete mit acht Traktanden auf (siehe Kasten). Über die Initiative wurde deutlich beschieden: Mit 89 zu 39 Stimmen nahmen die Dägerler den Mindestabstand von 1000 Metern für Windanlagen mit einer Nabenhöhe ab 30 Metern in ihre Bau- und Zonenordnung (BZO) auf. Nebst Hagenbuch und Wildberg ist die Gemeinde damit eine der ersten im Kanton, die auf diese Weise versucht, grössere Windanlagen auf eigenem Gebiet zu verhindern.
Ob dieses Vorgehen rechtlich überhaupt zulässig ist, ist noch unklar. Denn die Windpotenzialgebiete, die mit dem definierten Mindestabstand komplett vom Gemeindegebiet verschwinden würden, liegen nicht innerhalb der Bauzone, sondern in Landwirtschaftszonen oder im Wald und somit im Kompetenzgebiet des Kantons. Dies stellte auch der Gemeinderat fest: «Dass die BZO vom Kanton so angenommen wird, ist unwahrscheinlich», schloss Hochbauvorstand Severin Knecht. Trotzdem empfahl das Gremium die Initiative zur Annahme. Denn der Gemeinderat hatte bereits in einer Richtungsabstimmung an der Versammlung im Juni ein deutliches Zeichen erhalten: Zwei Drittel der 127 Stimmberechtigten wollten damals, dass sich der Gemeinderat grundsätzlich gegen Windanlagen auf Gemeindegebiet einsetzt (AZ vom 20.6.2023).
Für Erneuerbare, aber nicht bei uns
Diese Ablehnungshaltung wurde in einem Dutzend Wortmeldungen aus der Bevölkerung deutlich. Viele waren bemüht, einen positiven Ton beizubehalten: «Ich bin grundsätzlich für den Ausbau erneuerbarer Energien», sagte Initiantin Katrin Cryer bei ihrem eröffnenden Votum. Doch den Preis, den man für «mickrige sieben Prozent Stromanteil» zahlen soll, war nicht nur ihr, sondern auch dem Gros der Anwesenden zu hoch. Bodenversiegelung, die «Verschandelung» der Landschaft oder der mögliche Wertverlust von Liegenschaften überzeugten mehr als die Solidaritätsappelle der Befürworter.
BZO – der richtige Weg?
Kritik erntete die Initiative kaum für die Sache, für die sie einstand. Sondern eher für den unkonventionellen Weg über die Bau- und Zonenordnung der Gemeinde. «Symbolpolitik», meinte ein Redner. Er habe Vertrauen in die Institutionen, man solle gestalterisch und partizipativ tätig sein, nicht verhindernd. Ein weiterer Bürger kritisierte, dass ein vom Gemeinderat bereits angekündigter Infoanlass zur Windenergie jetzt, vor der Abstimmung, noch immer nicht stattgefunden habe. Vermutlich, so der Mann, sei das Gremium vom Richtungsentscheid im Sommer überrumpelt worden. Dies dementierte Gemeindepräsident Patrick Jola: «Für einige mag vielleicht das Resultat überraschend gewesen sein», die Vorlage jedoch sei im Gremium zuvor besprochen und abgestimmt worden. Die Infoveranstaltung wolle man gemeinsam mit verschiedenen Nachbargemeinden erst machen, wenn der Richtplan aufliege. In diesem nächsten Schritt wird es konkret: Während der Auflage können sich sowohl Gemeinden als auch Einzelpersonen zu den Potenzialgebieten äussern. Danach werden die Flächen angepasst und als «Eignungsgebiete» in den Richtplan eingetragen.
Zwei weitere Voten hielten gerade den frühen Widerstand auf Gemeindeebene für sinnvoll: «Der Bund sagt etwas, und wir machen es dann schön, das gibts bei uns nicht», polterte ein ehemaliger Gemeindepräsident. Etwas nüchterner formulierte es ein anderer Redner: «Es soll einen Bundesgerichtsentscheid geben.» Und meinte damit das, was für den Kanton Bern vergangenes Jahr entschieden worden war. Dort hatte die Gemeinde Tramelan eine Mindestabstandsregelung von 500 Metern in ihr Baureglement geschrieben, das Bundesgericht hatte dessen Gültigkeit bestätigt. Ob das auch für den Kanton Zürich so kommt, ist noch offen.
Wind um Polizeiordnung
Vorangegangen war dem Traktandum die Revision der rund 25-jährigen Polizeiordnung – unerwartet wurde die Windenergie schon dort thematisiert. Ein Antragsteller wollte den Artikel zum Umwelt- und Lärmschutz am liebsten derart anpassen, dass künftig auch der «Schattenwurf» als übermässig störende oder belästigende Einwirkung gelten sollte. Dass es in der Verordnung um Anweisungen für die Polizei geht, damit diese ein rauchendes Feuer oder störende Geräusche spätabends ahnden kann, spielte keine Rolle: Mit 58 zu 61 Stimmen wurde der Antrag angenommen.
Dägerlen will 1000 Meter Abstand zu Windrädern