Weinland

Das Cheminée wars – Praxis öffnet in Humlikon

Eine Woche nach dem verheerenden Brand im Haus der Familie Röthlisberger sind zwei Sachen klar: die Brandursache und dass Humlikon für mindestens ein Jahr eine Arztpraxis erhalten wird.

von Roland Spalinger
09. Juli 2024

Rund 20 Jahre lang hat Stephan Röthlisberger im offenen Teil des ehemaligen Waschhäuschens das Cheminée eingefeuert und für die Familie grilliert. Das eine Mal Ende Juni war wohl zu viel. Durch das stete Motten und Erwärmen über lange Zeit hat sich der Balken hinter den schützenden Schamottsteinen entzündet. Von dort griff das Feuer auf die Laube am Riegelhaus über und breitete sich im Dachstock aus. Die Kantonspolizei bestätigt auf Anfrage diese mögliche Brandursache.

Als eine Tochter um Mitternacht nach Hause kam, war alles noch in Ordnung. Gut zwei Stunden später bemerkte der Sohn als Erster das Feuer und weckte den Rest der fünfköpfigen Familie. Stephan Röthlisberger erinnert sich an ein Knistern, fast wie Regentropfen. Fluchtartig verliessen sie sodann das Haus, die Nachbarin hatte bereits Alarm geschlagen.

Persönliches Schreiben
In einem Schreiben schildern Stephan und Silvia Röthlisberger das Erlebte:

«Liebe Bevölkerung des Bezirks Andelfingen

Am 30. Juni mussten wir um 2.30 Uhr unser Haus verlassen wegen eines Brandes. Die ganze Familie und unsere Tiere konnten heil gerettet werden. Wir fanden Unterschlupf, bekamen Kleidung und Nahrungsmittel bei einer lieben Nachbarsfamilie. Im weiteren Verlauf wurden wir durch die Kantonspolizei, die Sanität sowie Behördenvertreter fürsorglich betreut.

Bereits am Sonntagnachmittag durften wir in die voll ausgestattete Yoga-Wohnung von Gabriela Huber einziehen.

Die Feuerwehr leistete Ăśbermenschliches.

Die Hilfsangebote von der Bevölkerung, aber auch von den Behörden waren und sind überwältigend. Dies hat uns in der schwierigen Zeit über vieles hinweggeholfen.

Wegen Rauch und Wasserschäden kann die Praxis vorläufig nicht weiter betrieben werden. Dies wäre aber auch wegen des anstehenden Wiederaufbaus nicht möglich. Bereits am Montag, 1. Juli, bekamen wir die Zusage für eine definitive Wohnung in unmittelbarer Nähe zu unserem Haus. Gleichentags unterbreitete uns die Gemeinde Andelfingen das Angebot, die Praxis in der leer stehenden Gemeindekanzlei in Humlikon einzurichten. Nach den notwendigen Installationen ist die Eröffnung für den 2. September geplant.»

«Alles riecht»
Sie würden dort anfangen, «wenn wir sicher sind, dass es funktioniert», sagt Stephan Röthlisberger zum Zeitpunkt. Einen Umzug eins-zu-eins werde es aber nicht geben. Zwar wurde das Erdgeschoss mit der Praxis verschont, Rauch und Wasser drangen trotzdem ein. «Alles riecht», sagt er. Laborgeräte und Computer sähen unversehrt aus, müssten aber noch getestet werden. Wegen Lieferschwierigkeiten würden die Behandlungsliegen gereinigt, die EDV-Anlagen fortlaufend ersetzt. Die Daten seien geschützt gewesen.

Mit der vorübergehenden Bleibe, der Zusage für die Wohnung vis-à-vis und der Praxis-Möglichkeit seien bereits am Tag eins nach dem Unglück sehr grosse Probleme gelöst gewesen. «Die Hilfsbereitschaft materiell und zwischenmenschlich hat uns tief beeindruckt, wir sind unendlich dankbar dafür», sagen Stephan und Silvia Röthlisberger.

Sie hätten einige Angebote erhalten und auswählen können. Die Kanzlei in Humlikon mit ÖV-Anschluss vor der Tür, Parkplätzen und Lift sei ein Goldstück, «ein Sechser im Lotto», freut sich der Hausarzt. Dankbar ist er auch dafür, wie unkompliziert die Hausarztpraxen und die Land-Permanence aushelfen; in Henggart selber wird er weiterhin seinen ordentlichen Notfalldienst leisten.

Klar ist auch: Sie wollen zurück in ihr Haus – mit der Praxis. Das werde frühestens in einem Jahr sein.

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