Den Kindheitstraum erfüllt

Dorf - Nadja Keller arbeitet in ihrer ersten Saison beim Circus Monti, hauptsächlich im Büro. Das Zirkusleben ist romantisch, beinhaltet aber fernab der Manege auch Dinge, die dem Zuschauer verwehrt bleiben.

Eva Wanner
Lesezeit: 3 min

Es riecht nach Popcorn, der rote Vorhang öffnet sich, und aufwendig geschminkte Artisten treten in die Manege. Hereinspaziert, hereinspaziert, der Zirkus ist in der Stadt!

Wie viele andere auch war Nadja Keller schon als Kind vom Zirkus fasziniert. Im Gegensatz zu den meisten anderen hat sie einen Kindheitstraum nun aber wahr werden lassen: Sie arbeitet beim Circus Monti. Die 22-jährige Dorfemerin erlebt ihre erste Saison in der bunten Parallelwelt.

Im Büro und an der Kasse
Beim Zirkus arbeiten nicht nur Artisten und Clowns, sondern auch Menschen hinter den Kulissen. An einem Infotag rekrutiert der Zirkus jeweils Interessierte. Es wird an diesem Tag genannt, welche Jobs für die Saison frei sind und welche Anforderungen bestehen – an Können und an Person. Nadja Keller hat eine kaufmännische Ausbildung absolviert. Die Tätigkeit im Büro, an der Kasse, im Ticketverkauf, zusätzlich am Buffet und bei Aufgaben, bei denen alle mithelfen (etwa Auf- und Abbau) sagten ihr zu.

Der Infotag sei aber auch dazu da, den Interessierten aufzuzeigen, was das Zirkusleben beinhalte. «Nicht alle sind sich bewusst, dass sie auch im Winter nach draussen müssen und in einem Duschwagen duschen», sagt Nadja Keller. Ihr mache das nichts aus – auch wenn sie schmunzelnd einräumt: «Manchmal muss man sich schon überwinden, nochmals vor die Tür zu gehen, um die Zähne zu putzen.»

Vor «die Tür», das ist bei ihr seit drei Wochen – so lange tourt der Zirkus bereits durch die Schweiz – die Tür eines Abteils im Mannschaftswagen. Für Zirkusleben-Laien: Ein grosser Wagen wird in kleinere Abteile unterteilt, jedes hat seine eigene Treppe und einen separaten Eingang und ist mit allem, was es zum Leben braucht (Bett, Spiegel, Regalen etc.), ausgerüstet. «Wir schlafen Wand an Wand, haben aber unsere eigenen vier Wände», sagt die 22-Jährige. Was sie allerdings gelernt habe: ihre Siebensachen in diesen vier Wänden transportfest zu machen. Denn der Zirkus ist unterwegs, sprich, auch die Mannschaftswagen werden fahrend an einen neuen Ort gebracht. Was nicht befestigt ist, ist bei der Ankunft wahrscheinlich nicht mehr dort, wo es bei der Abfahrt war.

Kein Koller
Ja, das Zirkusleben sei anders. Sie seien sich alle sehr nah, wörtlich gesprochen. Es gelte, aufeinander Rücksicht zu nehmen, «das funktioniert bestens», sagt Nadja Keller. Sie erlebe die Menschen als sehr hilfsbereit, und es bestehe schon nach kurzer Zeit eine Verbindung zueinander. «Ich habe keinen Koller – im Gegenteil», sagt sie lachend. Einzig ihre Familie fehle ihr manchmal.

Besonders gut gefällt ihr, wenn sie die Kinder staunen sieht. Sei es bei den regulären Vorstellungen oder bei Feiern, für die der Circus Monti gebucht werden kann. Sie staunen, wie auch Nadja Keller früher gestaunt hat.

Noch bis Ende November tourt Nadja Keller mit dem Zirkus durch die Schweiz, zurzeit bauen sie in Winterthur auf. Ende November werden Material und Fuhrpark winterfest deponiert – Mannschaftswagen, Popcornmaschine, roter Vorhang und Clownschminke kommen erst in der nächsten Saison wieder zum Einsatz. Vielleicht auch Nadja Keller – ob sie ein weiteres halbes Jahr an der Kasse und im Büro des Circus Monti zu finden sein wird, sei noch nicht entschieden.