Weinland

Flexibler mit weissen Plätzen

In der blauen Zone auf dem Marktplatz wird es keine Ausnahmeregelungen geben. Aber vielleicht ein anderes Regime mit weissen Parkplätzen, die auch bewirtschaftet werden könnten.

von Roland Spalinger
05. Januar 2023

Der ehemalige Notar Martin Zollinger machte die Probe aufs Exempel. Als er am 21. Dezember sein Auto auf dem Marktplatz abstellte, legte er nicht eine korrekt eingestellte Blaue-Zone-Parkkarte sichtbar aufs Armaturenbrett, sondern eine Traueranzeige. Er sei zuerst in der Kirche und danach im nahen Restaurant, war dar­auf zu lesen.

Gebüsst wurde er nicht, obwohl er «fest damit gerechnet» hatte, wie er auf Anfrage erzählt. Ja, er sei eigentlich fast erstaunt gewesen, nach seinem «bewussten Gag» keinen Bussenzettel unter dem Scheibenwischer vorzufinden. Wahrscheinlich hätten Kontrollierende Vorrecht walten lassen, mutmasst er.

Eine andere Möglichkeit ist, dass an jenem Tag der ruhende Verkehr im Laufe des Morgens, aber nicht mehr am Nachmittag kon­trol­liert wurde. Mit der viele Jahre gelebten Praxis, dass während Abdankungen in der nahen Kirche länger als die in blauen Zonen maximal möglichen 89 Minuten parkiert werden kann, ist auf jeden Fall definitiv Schluss. Mehr noch: Die dort angezeigte Gültigkeit am Samstag wird auch angepasst.

Samstags auch bis 19 Uhr
Der Gemeinderat habe rechtliche Abklärungen gemacht, sagt Gemeindepräsident Hansruedi Jucker. Einen Beschluss fassen musste die Behörde dafür nicht: In allen blauen Zonen im Land gelten die gleichen Regeln, nun auch in Andelfingen. Das heisst auch, dass das Regime der blauen Zone von Montag bis Samstag bis 19 Uhr gilt und nicht wie bisher in Andelfingen am Samstag verkürzt werden darf. Sie wollten eine vollumfängliche Gleichbehandlung, sagt Hansruedi Jucker. Ausnahmen, die die schweizweit gültigen Regeln der blauen Zone «quasi aushebeln», seien nicht zulässig. Oder zum Beispiel bloss mit kostenpflichtigen Parkkarten, die das Abstellen von Fahrzeugen für halbe oder ganze Tage oder mehrere Stunden erlauben.

Solche Karten, auch Jahreskarten, wären möglich, müssten aber auch Anwohnenden und Besucherinnen und Besuchern zugänglich seien sowie Vorgeladenen des Gerichts und des Betreibungsamts oder Trauungs- und Hochzeitsgästen. Einfach allen Nutzern, die die Kriterien gemäss eines definierten und öffentlich bekannten Regelwerks erfüllten.

Grundlage dafür wäre eine Parkordnung, die zu erstellen auf der To-do-Liste des Gemeinderats steht. Er wollte diese ursprünglich im Rahmen eines generellen Parkierungskonzepts für die ganze Gemeinde angehen, wenn sich der Bau eines weiteren Parkhauses mit gegen 30 Parkfeldern für die Öffentlichkeit abzeichne, sagt Hansruedi Jucker. Nun würden sie das Regelwerk wohl vorziehen. Und vielleicht die Plätze oder einzelne davon weiss markieren.

Eine weisse Zone bietet mehr Flexibilität als eine blaue, und die Möglichkeiten der Bewirtschaftung sind grös­ser. Um den Bedürfnissen der verschiedenen Anspruchsgruppen entgegenzukommen, könnten Zonen mit unterschiedlicher Höchstparkierungsdauer signalisiert werden, zum Beispiel zwei Stunden; auch die in Unterlagen der Reformierten Kirchgemeinde protokollierte, nicht aber für die Gemeinde verbindliche «Nichtkontrolle» betraf nur die Zeit von 14 bis 16 Uhr.

Froh, dass es publik wurde
Publik wurde die etwa zehn Jahre lang gelebte Praxis nur durch Zufall (AZ vom 4.10.2022). Mittlerweile ist Hansruedi Jucker aber froh darum. Dadurch hätten sie die Grundsatzfragen angehen können und wüssten nun, was rechtlich Sache und erlaubt sei. Was damals umgesetzt wurde, die Bevorzugung einer Gruppe, gehe in dieser Form nicht. Und die Art, wie es umgesetzt wurde, könne im besten Fall als guter Wille, als pragmatische Lösung aufgrund von Unwissenheit oder fehlender rechtllicher Abklärungen bezeichnet werden, so Hansruedi Jucker.

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