Formen, die Überraschungen enthalten

Humlikon - Die Freude an der Bildhauerei wird beim Blick in den Garten von Axel Svensson sichtbar: Massive, meist abstrakte Stein­skulpturen faszinieren Vorbei­gehende. Die Kreativität lebt er seit seiner Pensionierung aus.

Christina Schaffner (cs) Publiziert: 13. Dezember 2024
Lesezeit: 4 min

Massive Marmorskulpturen mit harmonisch geschwungenen Bögen zieren den Garten von Axel Svensson. Der Humliker hat sie mit wenigen Ausnahmen aus Marmor gemeisselt und kann zu jeder die Geschichte ihrer Entstehung erzählen.

So wie zur «Letzten Träne», einem ursprünglich zwei Tonnen schweren Werkstück, das er zum Gedenken an seine verstorbene Frau in 15 Wochen, über drei Jahre verteilt, in harter Arbeit schuf. Während von der einen Seite die Träne sichtbar ist, erhebt sich auf der anderen die aufstrebende Zukunft. Beides wird durch die Maserung des Marmors betont. In der Skulptur verarbeitete Axel Svensson seine Trauer und fand neue Energie für sein weiteres Leben.

Kunstferien im Tessin

Erste Ausflüge in die Bildhauerei unternahm er bereits 1998 im Rahmen der Erwachsenenbildung an der Andelfinger Volkshochschule. Ab 2006 erlernte er in Kursen bei Christian Koradi in Andelfingen weitere Grundlagen und Techniken der Steinbearbeitung. Zwei Vogelskulpturen erinnern an diese Zeit. Später entdeckte er mit seiner Frau während ihrer Ferien zufällig die Bildhauerschule Scuola di Scultura in Peccia im Maggiatal, die damals zu einer Ausstellung einlud. Dies war 2007 der Startschuss, seine Affinität zum Bildhauen und damit seine Kreativität auszuleben.
 
In jenem Sommer besuchte er dort einen ersten Kurs und erschuf die Skulptur «Looping», die ebenfalls in seinem Garten steht.

Aus dem ersten zweiwöchigen Kurs wurden unterdessen viele weitere. Axel Svensson meint, es seien rund 100 Wochen, die er inzwischen im Tessin verbracht habe – die eine Hälfte davon in Kursen bei renommierten Bildhauern und Künstlern, die andere freischaffend. Jedes Jahr ist er im Schnitt sechs Wochen dort.

Sich aber einfach vor einen Stein stellen und drauflosschlagen, gehe meistens nicht. «Taille directe», meint er, sei für Profis. Deshalb modelliert er seine Skulpturen zuvor aus Ton. «Beim Modellieren schaut man genau hin und kann korrigieren. Beim Stein ist ansetzen nicht möglich – mit jedem Schlag ist ein Stück Stein weg.»

Stundenlang den Fäustel schwingen

Wenn er dann am Stein arbeitet, helfen Bleistiftstriche, das Geplante umzusetzen. Erfahrung und Routine erlauben ihm heute, stundenlang mit dem Fäustel zu hämmern  â€“ ohne sich auf die Finger zu schlagen. Auch mit der Trennscheibe bearbeitet er den Stein. Mit dem Drucklufthammer spitzt er dagegen weniger gern: «Es geht zwar schneller, doch man spĂĽrt den Stein nicht, und die Vibrationen belasten den Stein und meinen Körper.»

Axel Svensson legt bei seinen Werken Wert darauf, dass sie nicht symmetrisch sind, dafĂĽr spannend anzuschauen. «Mich reizt es, etwas Besonderes zu machen, bei dem man sich fragt: ‹Was ist das?›» Ecken und Kanten sucht der Betrachter vergebens, harmonische Bögen, Rundungen und SchwĂĽnge machen die Werke von Axel Svensson aus. «Die Härte des Steins und der Widerstand, der damit verbunden ist, faszinieren mich.» Speckstein und Muschelkalk, die sich einfach ritzen und sägen lassen, seien ihm zu weich. 

Abstrakt und humorvoll

Einige seiner Werke waren an Ausstellungen zu sehen, andere sind noch heute dauerhaft in der Öffentlichkeit aufgestellt. Weitere Skulpturen, zum Teil angefangen, zum Teil auch vollendet, hat er neben der Garage platziert. So wie der «Freche Chaib», der in der Corona-Zeit entstand und der die Zunge herausstreckt. Oder die gedrehten Skulpturen, die in Anlehnung an Ziegenhörner entstanden, und die rund 300 Kilogramm schwere vollgesogene Zecke. In manchen Werken ist sein versteckter Humor zu spüren – wie bei der Zunge neben der Eingangstür.

Kreativ war Axel Svensson, der 1945 in Winterthur geboren wurde, bereits als Bub mit zehn Jahren. Mitte der 50er-Jahre benutzte er Sackmesser und Stechbeitel des Vaters, um Holzfiguren zu erschaffen. Sie zeigten bereits geschwungene Formen, die er mit Leder- und Metallaccessoires ergänzte. Vielleicht habe er den Hang zum Bearbeiten von seinem Grossvater und vom Urgrossvater geerbt, die Schreiner waren. Aber heute reize ihn der Marmor mehr als das Holz, das andere Anforderungen an den Schnitzer stelle.

Gerne hätte Axel Svensson einen kreativen Beruf erlernt, doch einen «Existenzialisten» wollte man in der Familie nicht. So besuchte er die Handelsschule und arbeitete weltweit in leitender Tätigkeit. Seit zwölf Jahren ist er zwar allein unterwegs, aber dafür lebt er jetzt seine Kreativität voll aus: «Seit der Pensionierung bin ich Existenzialist», scherzt er, und ist zufrieden dabei.

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