«Hans» noch in der Halle

Andelfingen - Mit seiner Windkraftanlage will Hans Wepfer «alle Nachteile einer Grossanlage wegnehmen». Noch wartet die Turbine in der Montagehalle auf ihren Einsatz in Oberhallau.

Tizian Schöni (tz) Publiziert: 25. Februar 2025
Lesezeit: 4 min

Über 40 Meter erstreckt sich der Koloss in Hans Wepfers Werkstatt. Für seinen «Tag der offenen Turbine» am Samstag waren einzelne Rotorblätter der selbst entwickelten Windanlage am Rumpf montiert und zeigten – aufgehängt am Deckenlaufkran – prominent in die Höhe.

Seit 2012 entwickelt der Landwirt und Maschinenkonstrukteur in seinem Betrieb nebst neuartigen Landmaschinen auch Windenergieanlagen. Seiner Entwicklung attestiert er dabei traumhafte Vorteile gegenüber den herkömmlichen, grossen Anlagen: Durch ihre verhältnismässig kompakte Bauweise sei sie weniger störend in der Landschaft, dank ihrer langsam drehenden Rotoren kaum schädlich für Vögel und Fledermäuse. Und zu alledem könne sie mit wenig Wind viel Energie produzieren. Tests im Ruag-Windkanal in Begleitung von Wissenschaftlern der Zürcher Hochschule ZHAW hätten das bewiesen. «Das war ein absoluter Weltrekord», sagt Hans Wepfer noch heute. Was damals an einem Modell im Massstab 1:11 ertestet wurde, will er nun mit dem 60 Tonnen schweren Original im Feld beweisen.

Kein Erfolg in Beringen ...

Nur: Der nun kommende Einsatz an einem Hang in Oberhallau ist nicht der erste der Turbine. «Hans», wie die Entwicklung heisst, stand von November 2014 bis im Sommer 2023 in Beringen, an einem Standort des Elektrizitätswerks Schaffhausen (EKS). Dieses hatte den Prototyp damals für eine Million Franken gekauft, in Beringen aufstellen lassen und überschwänglich mit dem Modell geworben. Strom für 100 Haushalte hätten die drei Rotoren produzieren sollen. Einige Medien berichteten gar, das EKS habe dem Erfinder die Rechte abgekauft, um weitere Windturbinen vom Typ «Hans» in der Schweiz und in Deutschland zu vertreiben.

Doch aus diesem Vorhaben wurde nichts. Nur wenige Wochen nach Inbetriebnahme brach ein Rotorblatt. Es dauerte rund ein Jahr, bis die Anlage wieder lief. Laut Hans Wepfer auch deshalb, weil dank zusätzlicher Forschungsarbeit entscheidende Verbesserungen erreicht worden seien (AZ vom 23.12.2016). Zahlen, die das belegt hätten, gaben jedoch weder das EKS noch die Firma Wepfair je heraus.

Heute sagt Hans Wepfer auf dem Rundgang durch seine Werkstatt ganz offen: «Die damalige Anlage hat nie richtig funktioniert.» Der Standort sei zu windarm gewesen, selbst für eine Schwachwindanlage. Bezüglich den Konstruktionsfehlern spricht er von einem «Maulkorb», den ihm das EKS angelegt habe. «Wir hatten Schwingungen auf den Teilen, und die Generatoren waren nach fünf Minuten überhitzt.»

Damals bekam Hans Wepfer viel schlechte Presse. Beirren liess er sich dadurch nicht im geringsten. Die lange Zeit in der Werkstatt habe sich gelohnt, die Probleme seien behoben.

... aber vielleicht in Oberhallau

Darauf hofft Hansueli Graf. Der Schaffhauser SVP-Kantonsrat und Besitzer des Hofguts «Graf & Gräfin» ist Präsident des Vereins Landenergie Schaffhausen. Seine Solaranlage liefert 120 Megawattstunden im Jahr – genug Energie für 25 durchschnittliche Schweizer Haushalte. Ergänzend dazu möchte er die Windkraftanlage von Hans Wepfer installieren. Das Fundament dafür steht schon seit Herbst 2022. 80 Meter weit von den Ökonomiegebäuden entfernt, wegen der Auflagen der Fledermausschützer. «Vor dem Winter», sagte er der «Andelfinger Zeitung» im Juni 2023,  sollten die drei Rotoren mit ihren sechs Flügeln aufgebaut sein.

Am «Tag der offenen Turbine» will er sich nicht mehr auf ein konkretes Datum festlegen. Doch die Anlage sei jetzt da, «das ist mehr als auch schon». Es habe mit verschiedenen Zulieferern Probleme gegeben.

Auch Hansueli Graf nennt keine prognostizierte Leistung. Das sei im Moment noch schwierig abzuschätzen, denn man wisse nicht, wie oft die Rotoren wegen der Fledermäuse stillstehen müssten. Aber er glaubt an Hans Wepfer und seine Entwicklung. Beide betonen: Am Standort werde es eine Anzeigetafel mit Produktionsdaten geben. «Sonst glaubt uns das eh niemand.»

Kleinere und grössere Geschwister

Parallel zu «Hans», dessen installiertes Potenzial bei 240 Kilowatt liege, entwickle er derzeit eine Anlage, die ein Megawatt (1000 Kilowatt) knacken solle, sagte Hans Wepfer. Gleichzeitig war am Tag der offenen Tür eine kleine Turbine aufgestellt, die beispielsweise auf Gebäuden installiert werden könne. Sie soll noch in diesem Jahr marktreif werden, verspricht der Entwickler. An Kundinnen und Kunden mangelt es ihm nicht. Mehrere E-Autos parkierten am Samstag vor der Werkstatt, darunter eines mit Thurgauer Nummer und dem Aufkleber «Ja zum Zonenplan Windenergie».

Verschiedene Besuchende äusserten zudem konkretes Interesse für die kleinen Windräder, etwa eine Frau aus Dinhard. Sie habe schon eine PV-Anlage installiert, nun messe sie den Wind rund um ihr Haus. «Als Ergänzung wäre eine kleine Turbine perfekt, und erst noch aus der Region.»

Ein Produkt, das die Firma Wepfair tatsächlich schon geliefert hat und das betrieben wird, ist das Windrad, welches das Berggasthaus Gamplüt oberhalb von Wildhaus mit Strom versorgt. Die installierte Leistung liegt bei 80 Kilowatt. Obwohl die knapp 23 Meter hohe Anlage nur wenige Meter vom Haus entfernt sei, höre man sie nicht, sagt der dortige Betreiber auf Anfrage. Er habe Hochachtung vor Hans Wepfer und seinem Erfindergeist. Er sei ein «Macher – das dürfen Sie schreiben!» Wie viel Leistung seine Anlage über ein Jahr bringe, könne er nicht genau beziffern. «Wenn sie läuft, sind es 25 bis 30 Kilowatt.»