Weinland

Kein Kiebitz ist flügge geworden

Die Erfolgsmeldung war verfrüht: Im Ried ist keiner der geschlüpften Kiebitze flügge geworden. Ein Grund ist das Wetter, nicht aber der Brutort. Die Fachstelle Naturschutz glaubt, dass die Vögel 2025 zurückkommen werden.

von Roland Spalinger
12. Juli 2024

Das Wunder wiederholt sich doch nicht. Nach der ersten Brut von Kiebitzen im Jahr 2023 sah es diesen Frühling gar noch besser aus. Vier Küken wurden gesichtet, die auf der vernässten Fläche spazierten (AZ vom 17.5.2024). Als vielversprechend bezeichnete der seit Jahren für die Pflege des Oerlingerrieds zuständige Natur- und Vogelschutzverein Winterthur-Seen, dass sechs adulte Vögel für den Schutz des Geleges zugegen seien. 40 Tage später ist die Bilanz so trüb wie das Sommerwetter. Katharina Weber von der Medienstelle der Zürcher Baudirektion, zu der die Fachstelle Naturschutz gehört, gibt Auskunft.

Frau Weber, stimmt es, dass der Fuchs sämtlichen Kiebitz-Nachwuchs im Oerlingerried geholt hat?
Katharina Weber: Es trifft zu, dass dieses Jahr leider keine Kiebitze flügge geworden sind. Dies ist vermutlich zum einen auf Füchse und Raubvögel zurückzuführen, zum andern hat das nasskühle Wetter den Küken Schwierigkeiten bereitet. Insbesondere eine Brut ist vermutlich nicht klargekommen mit der Schlechtwetterphase, kurz nachdem sie geschlüpft war.

Ist das natürlich?
Kiebitze brüten normalerweise in Kolonien. Ab einer gewissen Anzahl Brutpaare können sie sich gut selber gegen Räuber verteidigen. Ausfälle bei (zu) kleinen Kolonien sind nicht ungewöhnlich. Schlechte Witterung kommt als zusätzliches Problem hinzu, damit haben in diesem Jahr auch andere Brutvögel wie beispielsweise die Störche zu kämpfen.

Gegen das Wetter ist man machtlos, gegen andere Tiere gibts Massnahmen. Können und sollen Übergriffe verhindert werden?
Elektrozäune können Füchse, Hermeline und andere räuberische Vierbeiner vom Nest fernhalten. Gegen Raubvögel und Krähen müssen sich die Kiebitze aber selber verteidigen. Im Oerlingerried haben wir versucht, die Nester mit Elektrozäunen zu schützen, sobald wir sie entdeckt hatten; bei einem Nest waren die Räuber aber schneller.

Wurde etwas falsch eingeschätzt?
Nein. Alle Beteiligten haben sich sehr engagiert, und die Zusammenarbeit mit den Naturschutzvereinen vor Ort, den betroffenen Landwirten und der Gemeinde hat sehr gut funktioniert.

Merken sich Kiebitze nach einem Misserfolg die Nistplätze und bleiben dann fern?
Auch wenn die Brut nicht erfolgreich war: Dass nach dem Erfolg im letzten Sommer in diesem Jahr sogar drei Kiebitzpaare versucht haben, zu brüten, ist sehr erfreulich. Es zeigt, dass das Oerlingerried grosses Potenzial hat als Lebensraum für Tiere und Pflanzen, die auf feuchte Bedingungen angewiesen sind. Das Gebiet entwickelt sich nach der Aufwertung in die gewünschte Richtung; auch andere gefährdete Tier- und Pflanzenarten nehmen zu. Wir erwarten deshalb, dass die Kiebitze in den nächsten Jahren wieder zurückkehren werden.

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