Mit 19 Jahren im Nationalrat

Region - 200 Politikbegeisterte aus der ganzen Schweiz versammelten sich letztes Wochenende im Bundeshaus zur Jugendsession – darunter auch Mario Roth. Der Andelfinger arbeitete dort an einer von zwölf Forderungen mit.

Jan Wattenhofer (jwa) Publiziert: 15. November 2024
Lesezeit: 3 min

Am Rednerpult im Nationalrat zu stehen und eine eigens erarbeitete Petition vorzustellen, passiert im Leben eines 19-Jährigen nicht alle Tage. Doch letzte Woche wurde für Mario Roth aus Andelfingen genau das Realität. Der Co-Präsident der Jungen Grünen Winterthur nahm an der Jugendsession teil. Dort durfte er an vier Tagen zusammen mit 199 Politikbegeisterten zwischen 14 und 21 Jahren Bundeshausluft schnuppern.

Er habe sich gefreut, für einmal auf Bundesebene politisieren zu dürfen. «Und im besten Fall sogar die Möglichkeit zu haben, etwas zu verändern.» Schon früh begann er, sich für Politik zu interessieren. Sein Elternhaus habe aber damit nichts tun. «Es ist eher so, dass es meine Familie am Küchentisch ertragen muss, wenn ich politisiere», scherzt Mario Roth.

Den Entschluss, sich den Jungen Grünen anzuschliessen, fasste er 2021, als er seine Lehre zum Konstrukteur begann. In der Berufsschule führte er eine hitzige Debatte zur Abstimmung über die Ehe für alle. «Auf dem Nachhauseweg sass ich im Zug und sagte zu mir: Jetzt werde ich Mitglied!»

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200 Jugendliche entschieden Mitte November in Bern im Rahmen des Jugendparlaments über zwölf selbst formulierte Anliegen. Anwesend war auch Bundespräsidentein Viola Amherd (am Rednerpult).

Klare Forderungen

Die Jugendsession fand an vier Tagen statt. Am Donnerstag und Freitag diskutierten die Jungparlamentarierinnen und -parlamentarier in Arbeitsgruppen über politische Themen und erstellten zwölf Forderungen. Mario Roth war in der Kommission «Arbeitsbedingungen».

Inputs erhielt die Gruppe unter anderem von einem Experten des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) und zwei Nationalräten. «Wir hatten am Anfang viele Ideen für unsere Petition», erzählt der Andelfinger. Schliesslich forderten sie einen Mindestlohn sowie die Koppelung der tiefsten und der höchsten Gehälter in Unternehmen, um den grossen Lohndifferenzen entgegenzuwirken. Das heisst zum Beispiel, wenn diejenigen ganz unten weniger Geld bekommen, wird auch in der Chefetage das Salär gekürzt. Ähnliches forderte 2013 schon die Jungpartei der SP mit ihrer 1:12-Intitative, die das Volk damals deutlich ablehnte.

Andere Arbeitsgruppen beschäftigten sich ebenfalls mit brandaktuellen Themen wie Künstlicher Intelligenz, Cyber-Terrorismus oder psychischer Gesundheit. Bevor die Forderungen aber am Sonntag zur Debatte und Abstimmung standen, begrüsste Bundespräsidentin Viola Amherd (Die Mitte) am Samstag die 200 Politikbegeisterten im Nationalratssaal. Für Mario Roth eines der Highlights: «Eine Bundesrätin in Aktion zu sehen, ist etwas Besonderes.» Ihr Auftreten und ihre Präsenz hätten ihn beeindruckt, erzählt er

Zwölfmal Ja

Dann kam der grosse Moment für den 19-Jährigen aus Andelfingen: In der Session am Sonntag durften er und eine Gruppenkollegin ans Rednerpult, um ihre Petition «Faire Löhne für alle!» zu präsentieren. «1 zu 143 ist die durchschnittliche Differenz zwischen den höchsten und den tiefsten Löhnen in Schweizer Unternehmen», stieg Mario Roth in seine Rede ein. Das sei, als müsste man 143 Jahre arbeiten, um den Jahreslohn des Chefs zu verdienen, verdeutlichte er.

«Ich hatte es mir viel schlimmer vorgestellt, dort vorne zu stehen.» Er sei zufrieden mit seinem Auftritt und habe gut abgelesen, scherzt der Jungpolitiker. «Beim Blickkontakt mit dem Publikum gibt es aber noch Luft nach oben», meint er.

Nach der Eröffnungsrede folgte die Debatte im Plenum. Weitere Argumente wurden ausgetauscht und allfällige Änderungsanträge verabschiedet. Das Ergebnis der Session: Die Jugendparlamentarier nahmen alle zwölf Petitionen an und übergaben sie Nationalratspräsident Eric Nussbaumer (SP, Basel-Landschaft).

«Dass der Nationalrat unsere Petition durchwinkt, ist leider utopisch», sagt Mario Roth. Ihre Forderung sei aber ein klares Statement. «Und hoffen dürfen wir ja trotzdem.»

Prix Jeunesse

Mit dem Prix Jeunesse zeichnet die Jugendsession jedes Jahr eine Person oder eine Organisation aus, die sich in ganz besonderer Weise für die Anliegen der Jugend starkmacht. Dieses Jahr ging der Preis an die Organisation Stop Suicide, die sich für die Suizidprävention bei Jugendlichen einsetzt. Laut Medienmitteilung wurde damit zum zweiten Mal in den letzten Jahren eine Organisation aus dem Bereich der psychischen Gesundheit geehrt.