Weinland

Per Pedes auf Biberspuren

Auf dem letzten Abschnitt unserer Rheintour gehe ich zu Fuss dem Fluss entlang. Dabei erfahre ich viel über den Biber und habe Zeit, die Natur um mich herum zu geniessen.

von Christina Schaffner
13. August 2024

Der knapp vier Kilometer lange Rheinabschnitt zwischen Rüdlingen und Tössegg bietet Gelegenheit zum Entschleunigen. Der schmale Weg dem Fluss entlang ist den Fussgängern vorbehalten und für Velos und Pferde gesperrt. Allerdings ist er auch nicht kinderwagentauglich.

Mein Ausflug beginnt an der neu gebauten Rheinbrücke. Beim Überqueren des Flusses – mein Auto habe ich auf dem Rüdlinger Parkplatz gegen Gebühr abgestellt – staune ich über das immer noch anhaltende Hochwasser. Kräftig strömt es in die Richtung, in die ich will: zur Tössegg. Alternativ hätte ich zum Startpunkt auch den öffentlichen Verkehr nutzen und an der Haltestelle Ziegelhütte aussteigen können.

Auf der Flaacher Seite angekommen, steige ich die wenigen Stufen hinauf und erblicke dabei auf der Seite einen Eingang zur Festung Ebersberg. In der ehemaligen militärischen Anlage standen ursprünglich zwei Geschütze, die verhindern sollten, dass Feinde den Rhein überquerten. Heute ist die Festung an manchen Tagen für die Öffentlichkeit zugänglich (siehe Kasten).

Biberpfad bringt Nager nahe
Vorbei an Feldern einer Baumschule einige Meter über dem Rhein, komme ich zum schmalen Pfad, der mich bis zur Tössegg führt. An dieser Stelle entdecke ich auch die erste Tafel des WWF-Biberwegs. Eigentlich ist es die letzte, denn sie ist mit Nummer zehn gekennzeichnet – die Nummer 1a und 1b stehen an der Tössegg.

Dies macht aber nichts, auch in umgekehrter Reihenfolge erfahre ich auf dem Weg jedes Mal ein bisschen mehr vom grossen Nagetier: Warum auch der Biber ertrinken oder unters Auto geraten kann. Wie er lebt, was er frisst, warum er Bäume fällt, und welche Umgebung er braucht. Woran seine Anwesenheit zu erkennen ist, und wieso er heute geschützt ist, nachdem er einmal ausgerottet war, steht ebenfalls dort. Neben längeren Texten finden sich auf kleineren Tafeln auch kurze Fragen, deren Antworten darunter verborgen sind. Insgesamt wohl eher etwas für grössere Kinder und interessierte Erwachsene.

Weiter geht es zwischen dichtem Baumbestand und über verschiedene Brücken. Am Anfang erhöht über dem Rhein blinzelt nur manchmal das Wasser durch das dichte Laub. Je weiter ich komme, desto mehr wird das kühle Nass sichtbar und um so näher komme ich dem Fluss. Auf der Waldseite sehe ich immer wieder Ausbuchtungen mit freigelegtem Sandstein, aber auch gros­se Tobel, in die Bäume gestürzt sind.

Bänke zum Verweilen
An einigen Stellen lassen sich entlang dieses verwunschenen Pfades auch Pausen einlegen und sogar die Füsse ins Flusswasser halten. Dies ist bei Hochwasser nicht ganz ungefährlich, deshalb lasse ich es heute. Leider sind an manchen Stellen die Bänke morsch und kaputt. Zwei Feuerstellen für ein Grillerlebnis wurden wild angelegt. Grillieren ist bei grosser Trockenheit aber definitiv nicht zu empfehlen.

An diesem Donnerstagnachmittag, an dem ich mich auf den Weg gemacht habe, ist es heiss und schwül. Es begegnen mir nur wenige Wanderer. Vom Fluss aus ruft mir dagegen ein Kanut ein fröhliches «Hallo» zu und winkt. Das Hochwasser ist aber immer noch dominierend. Neben dem Kursschiff, das in diesem Abschnitt verkehrt, sehe ich auch andere Boote sowie Schwimmer, die sich in die Fluten gestürzt haben.Nach rund einer Stunde Fuss­marsch – mal hoch, mal runter, aber immer in Flussnähe – und völlig tiefenentspannt komme ich oberhalb des Restaurants Tössegg an. Hier bietet sich eine Einkehr mit schöner Aussicht auf der Terrasse an, bevor ich mich auf den Rückweg mache.

Verschiedene Möglichkeiten am Ziel
Eigentlich hätte ich verschiedene Möglichkeiten – zumindest am Wochenende. Denn dann verkehrt im Sommer eine Fähre über den Fluss Richtung Buchberg. Auf der anderen Rheinseite könnte ich dann zurückwandern. Aber das entfällt heute.

Ebenfalls wäre es möglich, weiter über die inzwischen wieder offene Brücke dem Rhein entlang bis Eglisau (etwa 1,5 Stunden) zu laufen. Hier ist es kein schmaler verwunschener Pfad mehr, sondern ein breiterer Weg im grösstenteils offenen Gelände, was mehr Ausblicke auf den Fluss erlaubt. Doch es ist schon spät, und ich möchte nicht das letzte Schiff verpassen, das von Eglisau kommt und über die Tössegg bis Rüdlingen fährt. Gemütlich trete ich so den Heimweg an und geniesse vom Oberdeck aus den Rundumblick auf Wasser und Ufer und lasse meinen Ausflug noch einmal Revue passieren.

Schifffahrplan unter www.szr.ch­

WWF-Biberpfad

Der 2006 erstellte und 2021 erneuerte WWF-Biberpfad bringt der Öffentlichkeit den grössten europäischen Nager näher. Auf zehn Tafeln erfahren Besucherinnen und Besucher viel über das scheue Tier, von dem Nage­spuren und Fussspuren zu finden sind. Heute besiedelt der Biber wieder einen Grossteil seines ursprünglichen Gebiets. Die Naturschutzorganisation WWF trug zu seiner Wiederansiedelung bei und setzt sich auch weiterhin für seinen Schutz ein. (cs)

https://www.wwf-zh.ch/das-koennen-sie-tun/biberpfad



Festung Ebersberg

Die Festung Ebersberg befindet sich oberhalb des Rheins auf dem Gemeindegebiet von Berg am Irchel. Die 1938 erstellte Festung ist die grösste im Kanton Zürich und gilt als Baudenkmal von nationaler Bedeutung. 90-minütige Führungen sind für Gruppen bei der Militärhistorischen Gesellschaft des Kantons Zürich buchbar. Unregelmässig werden auch Führungen für Einzelpersonen angeboten. (cs)

www.festungen-zh.ch

Dem Rhein entlang

Verkehrsweg, Grundwasserträger, Schauplatz von Märchen und Sagen: Der Rhein hat viele Gesichter. Für unsere fünfteilige Sommerserie ist er für einmal kühlender Bade-, Ausflugs- und Ruheort. Im letzten Teil wandert unsere Autorin bis zum Tösseck und berichtet vom gemütlichen Fussmarsch mit anschliessender Schifffahrt. (az)

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