Zwischen dem Wald und den Siedlungen Steighof (vorne) und Eichhof (hinten) könnten laut Kanton 600'000 Kubikmeter Bauschutt deponiert werden. Rechts am Rand ist der Kirchturm von Trüllikon zu erkennen.
Als Baudirektor Martin Neukom (Grüne) am vergangenen Freitag seine «Gesamtschau Deponien» vorstellte, sprach er von einer besonders sorgfältigen Planung und davon, dass ein sauberes Verfahren zentral sei. Präsentiert wurden dabei auch neue Standorte. Einer davon liegt in Trüllikon. Der dortige Gemeinderat ist überrascht.
Das Gebiet «Birchbüel» an der Grenze zu Schlatt befinde sich nur rund 650 bis 700 Meter vom Siedlungsgebiet der politischen Gemeinde entfernt, heisst es in einer ersten Reaktion aus Trüllikon. Titel der Mitteilung: «Möglicher Deponiestandort ohne Verfahrensbeteiligung.» Trüllikon sei «bisher nicht» in den Verfahrensprozess einbezogen worden. Man könne sich «in keinster Weise» mit dem Standort identifizieren und lehne diesen vehement ab. Auf Anfrage bestätigt Gemeindepräsidentin Claudia Gürtler, bei ihnen habe niemand etwas von solchen Plänen gewusst.
In Zürich sieht man das anders. «Wir haben alle Gemeinden im vergangenen Jahr über den Prozess der ‹Gesamtschau Deponien› informiert», sagt Katharina Weber, Sprecherin der Baudirektion, auf Anfrage. Die von einem neuen möglichen Deponiestandort betroffenen Gemeinden seien «am Tag vor der Medienkonferenz direkt informiert» worden.
Kriterien zusammen erarbeitet
Zudem seien die Kriterien für die Beurteilung der möglichen Deponiestandorte im Dialog mit allen Interessengruppen, also auch mit Vertreterinnen bzw. Vertretern der Zürcher Gemeinden, erarbeitet worden. Die Bewertung der einzelnen Standorte anhand dieser fachlichen Kriterien erfolgte dann durch die Baudirektion.
Auf der online verfügbaren Karte ist für jeden Standort ein Faktenblatt hinterlegt. Demnach geht es um ein 9,6 Hektaren grosses Gebiet, wovon 8,8 Hektaren (91 Prozent) vollwertige Fruchtfolgefläche sind. Der Standort liege an der Kantonsgrenze zum Thurgau, sei «im Bezug zum Ballungsraum eher ungünstig gelegen» und nicht eingebunden in übergeordnete Infrastrukturen. Trotzdem wird er als geeignet eingestuft und soll in den Richtplan aufgenommen werden.
Erschliessung nicht durch Trüllikon
Gerade die Erschliessung stört Claudia Gürtler am meisten. Sie hat sich nach der Überraschung im Netz durchgeklickt und ist bei der Bewertung eines Standorts auf das Kriterium gestossen, eine tangierte Ortsdurchfahrt werde mit 20 Prozent gewichtet. Aus dem Schneider ist sie damit aber nicht. Im Plan ist der Weg ins «Birchbüel» nicht durch Trüllikon eingezeichnet, sondern vom Kreisel Dickihof her. Auf der Höhe des Abzweigers nach Truttikon würde das Strässchen ca. zwei Kilometer zum Standort führen. Wie die Lkws zum Kreisel Dickihof kommen, ist nicht erwähnt.
Bereits im Richtplan eingetragen ist der Standort «Egg» bei Henggart (AZ vom 12.7.2019 und 12.1.2021). Dort soll dereinst schwach belasteter Baustellenabfall (Klasse B) deponiert werden. Mit dem Gebiet «Birchbüel» käme ein zweiter Standort hinzu, obwohl Martin Neukom als Ziel nur einen Standort pro Region erwähnte.
Katharina Weber: «Diese Aussage bezieht sich auf die Zahl der Deponien, die gleichzeitig in Betrieb sind.» Mit dem Eintrag mehrerer geeigneter Standorte im Richtplan solle Flexibilität geschaffen werden für den Fall, dass sich einer nicht realisieren lasse. «Welche der vorgeschlagenen neuen im Richtplan festgesetzt werden und ob bzw. wie die potenziellen Standorte in einer Region priorisiert werden, ist ein politischer Entscheid, den der Kantonsrat fällen wird.
Infoveranstaltungen der Baudirektion im Mai und Juni in Obfelden, Eglisau, Oetwil am See und Rümlang.
Plötzlich Deponiestandort?