Weinland

Radarwarner: Einsprache hat sich (vorerst) nicht gelohnt

Öffentlich vor Radarkontrollen zu warnen, ist seit fünf Jahren illegal. Auch in einer Gruppe auf Facebook – und unabhängig davon, wo man sich befindet, wenn man eine Warnung ins Internet stellt. Das Bezirksgericht bestätigte dies an einer Verhandlung.

von Eva Wanner
26. Juni 2018

«450 Franken haben oder nicht haben – das sind 900 Franken.» Dies rechnete der Beschuldigte am Bezirksgericht Andelfingen vor. Dass er vor rund zwei Jahren in der Facebook-Gruppe «Ich bin der Weinlandschlumpf, wo stehe ich» vor einer Geschwindigkeitskon­trolle gewarnt hatte, bestritt er nicht. Die Gruppe wurde einzig zu diesem Zweck gegründet – der «Weinlandschlumpf» ist ein Synonym für Radarkontrollen. Überhaupt sagte der Weinländer auf die Fragen von Einzelrichter Lorenz Schreiber am Freitagmorgen nicht viel – er machte meist von seinem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern. Sein Verteidiger hingegen hatte sehr wohl etwas zu sagen.

Die Warnung, die sein Klient gemacht und für die er 450 Franken bezahlen sollte, habe er nicht im Weinland abgesetzt. Nicht einmal in der Schweiz. Vielmehr habe der Mann damals selbst eine Mitteilung erhalten, dass an einer Stelle im erweiterten Weinland Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt würden, als er sich im nahen Ausland befand. Und dort befand er sich auch noch, als er die Meldung in der Facebook-Gruppe veröffentlichte, der damals über 1200 Mitglieder angehörten (die «AZ» berichtete). Es sei nicht rechtens, ihn dafür in Andelfingen zu verurteilen – zumal es sich nicht um ein Verbrechen oder ein Vergehen, sondern bloss um eine sogenannte Übertretung (eine Gesetzesverletzung auf unterster Stufe) handle. Er sei freizusprechen und eine Entschädigung sei zu entrichten.

«Hartnäckige Statthalterin»
Der 45-Jährige musste wegen dieser Sache mehrere Male beim Statthalteramt antraben, das ihm eine Busse (200 Franken) und Gebühren (250 Franken) aufgebrummt hatte. Er hat eine Einsprache geschrieben, stellte sich immer wieder den Fragen der, wie sein Verteidiger sagte, «hartnäckigen Statthalterin, die ihm die Meisterin zeigen wollte».

War­um er sich das antue, wollte Einzelrichter Lorenz Schreiber wissen. «Ich zahle nicht für etwas, von dem ich nicht das Gefühl habe, ich müsste es bezahlen», sagte der Beschuldigte. Lorenz Schreiber machte ihn auch dar­auf aufmerksam, dass es noch teurer werde, «wenn Sie nicht durchkommen». «Das nehmen Sie in Kauf?», fragte er rhetorisch – Nicken.

650 Franken mehr
650 Franken teurer wurde es denn auch. Der Mann mit Wohnsitz im Weinland wurde schuldig gesprochen. Lorenz Schreiber begründete mündlich: Der Beschuldigte habe die Beantwortung von Fragen grösstenteils umgangen, was zwar zulässig sei, im Ergebnis aber nicht zu einem Freispruch führen könne. Er habe ausserdem bestätigt, die Meldung auf Facebook gemacht zu haben – öffentlich also, denn als öffentlich gilt, was mehr als einen kleinen Kreis von Personen betreffe. Und öffentliches Warnen vor Geschwindigkeitskontrollen wiederum ist seit fünf Jahren strafbar. Massgebend sei dabei nicht, wo die Meldung ins Netz gestellt wurde, sondern wo eine Auswirkung bezweckt wurde.

Zu guter Letzt spreche die Art der Meldung dafür, dass der Beschuldigte wusste, dass er Unrecht tat. So nannte er das Kind nicht beim Namen, sondern umschrieb den Blitzer als «Wildwechsel».

Zusätzliche Kosten von 650 Franken sind dem Beschuldigten entstanden; 200 für die Bearbeitung der Einsprache durchs Statthalteramt und 450 Franken Gerichtsgebühr. Letztere reduzieren sich auf 300 Franken, wenn er das Verfahren nicht weiterzieht. Dass er das jedoch tun wird, deutete der Mann an. Und dann geht es um 1100 Franken – oder nach seiner Rechnung um stolze 2200.

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