Weinland

Stammheims Glücksfall mit der Dorfmetzgerei endet nun doch

Vier Jahre und acht Monate hielt das Gück. Am Samstag schliesst die seit 1948 bestehende Metzgerei Frei in der «Krone» nun trotzdem für immer. Pächter Felix Neidhart erklärt, was den Ausschlag gab.

von Silvia Müller
30. August 2024

Schon einmal schien die Schliessung der letzten Metzgerei im Dorf besie­gelt – Urs Frei hatte lange vergeblich eine Nachfolge für den Betrieb gesucht, den sein Vater 1948 an der Sennengasse in Unterstammheim eröffnet hatte (AZ vom 24.12.2019). Quasi in letzter Minute konnte er den Betrieb ab Neujahr 2020 an Felix Neidhart verpachten. Dieser hatte bis dahin in Ramsen eine Kundenmetzgerei ohne Verkaufsgeschäft geführt. «Zum Glück verliert Stammheim damit kein weiteres Fachgeschäft innerhalb der Grundversorgung», sagte damals Stephan Ammann vom Gewerbeverein Stammheimertal. Denn mit jedem verlorenen Ladengeschäft werde es erfahrungsgemäss auch für die anderen schwieriger.

Vier Jahre und acht Monate später kommt es nun doch so weit. Morgen Samstag schliesst die Metzgerei Krone wie gewohnt um 15 Uhr – doch ab nächster Woche bleiben Fleischtheke und Kühlschränke leer. Felix Neidhart (kleines Bild, Archiv) sagt, dieser Entscheid sei ihm nicht leichtgefallen: «Der Schritt bedeutet auch für unseren Betrieb eine grosse Umorientierung». Aber nun seien mehrere Aspekte zusammengekommen, die nichts anderes erlauben würden.

«Es kam etwas zu viel aufs Mal»
Einen wichtigen Punkt erklärt die langjährige Charcuterieverkäuferin Jacqueline Rieser gleich im Laden. Urs Frei hatte den Familienbetrieb 1987 grundlegend erneuert und vergrössert. Nun, nach fast 40 Jahren, bräuchte es allerdings mehr als nur ein paar kleine Anpassungen, sagt Jacqueline Rieser. «Die Vorschriften in der Lebensmittelbranche sind unterdessen viel strenger und detaillierter geworden. Viele Maschinen und Einrichtungen, die lange Zeit topmodern und vorbildlich waren, werden vom Lebensmittelinspektorat heute bemängelt.» So sei mit jeder Visite klarer geworden, dass die Metzgerei zwar gut geführt würde, dass sie mit ihrer Ausstattung aber nur noch auf Zusehen hin weiterarbeiten konnten.

Der Laden mitsamt dem grössten Teil der Infrastruktur gehört nicht Felix Neidhart, er hat ihn gepachtet. Dies ist schon grundsätzlich keine günstige Voraussetzung für die nötigen hohen Investitionen. «Dazu kommt, dass sich das Personalproblem auch in dieser Branche immer mehr verschärft. Die Ladenöffnungszeiten haben oft Arbeitskräfte gebunden, die wir dringender in der Kundenmetzgerei in Ramsen gebraucht hätten.» 

Die Fleischfachgeschäfte in den Dörfern kämpfen mit weiteren Veränderungen, etwa den stark gestiegenen Energie- und Wasserpreisen, den gewandelten Einkaufs- und Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung und auch dem wachsenden Fleischsortiment in den breiter aufgestellten Dorf- und Hof­läden. «Zusammen führen diese Gründe dazu, dass ich den Betrieb wieder vereinfachen will und zumindest in naher Zukunft keinen Laden mehr führen werde», sagt Felix Neidhart.

Zurück zum Kerngeschäft
Den Hauptbetrieb in Ramsen hat er 2002 gebaut und somit deutlich moderner geplant und eingerichtet. «Dort ist alles voll auf eine rationelle Produktion und auf Caterings ausgerichtet», sagt Felix Neidhart. Diese Bereiche könne und werde er nun mit zwei Festangestellten und mit Aushilfen weiterführen. 

Jacqueline Rieser, die schon unter seinem Vorgänger im Laden stand, wird ihren Arbeitsplatz nach Ramsen verlegen. Und auch die Weinländer Fleischproduzenten und Jagdgesellschaften in seinem Kundenstamm können weiterhin auf ihn zählen. Die Volg-Läden in Unterstammheim, Guntalingen und Oberneunforn beziehen das lokale Fleischsortiment ab September von der Metzgerei Villiger aus Stein am Rhein.

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