Weinland

Zürcher Radio-Designs im Wandel

Im Radiomuseum steht in diesem Jahr nicht das Innere der Apparate im Vordergrund, sondern das Design. Es sind Radios von drei Marken ausgestellt, die in Zürich produziert wurden.

von Christina Schaffner
02. Juli 2024

«Die Schweizer Radio-Industrie war in den 1940er-Jahren sehr erfolgreich. Grosse Marken exportierten ihre Geräte weltweit», sagt Markus Müller. Als Radiomuseumsbesitzer und Radiosammler ist er ein Fachmann auf diesem Gebiet. Jedes Jahr stellt er aus seinem umfangreichen Lager eine Ausstellung mit einem neuen Schwerpunkt zusammen. In diesem Jahr liegt dieser auf dem Design der in Zürich produzierten Radios.

Radios der Marken Deso, Sondyna und Telefunken-Albis wurden ab 1933 bis Mitte der 1950er-Jahre in Zürich hergestellt. Sie bilden jeweils drei Blöcke in der Ausstellung und geben so einen Einblick in die Designs der Marken.

Zu Beginn gekaufte Baupläne
Dabei fallen zwei Dinge auf: Die Radios der 1930er-Jahre aller Firmen unterscheiden sich markant von den Modellen, die ab den 1940er-Jahren folgten. «Zu Beginn wurden Lizenzen für Baupläne eingekauft und danach die Radios produziert», erklärt Markus Müller. «Möglicherweise wurde später ein Designer damit beauftragt, für ein einheitliches Bild zu sorgen.» Denn spätere Modelle der drei Marken weisen jeweils Gemeinsamkeiten auf, die auch für Laien gut erkennbar sind.

So haben alle Deso-Geräte vier Knöpfe, während die anderen Marken die vier Funktionen auf zwei oder drei mit teilweiser Doppelfunktion verteilten. Mit diesen konnte die Lautstärke, die Tonhöhe, das Frequenzband, mit dem zwischen Lang-, Mittel- und Kurzwelle gewählt wurde, sowie die Senderabstimmung vorgenommen werden.

Magisches Auge zur Abstimmung
Manche hatten auch das «magische Auge», das die Feinabstimmung nicht nur über das Gehör, sondern auch über die Optik ermöglichte. Alles eine Preisfrage – die Original Neupreise hat Markus Müller neben den Geräten vermerkt.

In den 1930er-Jahren waren Radios für 150 bis 350 Franken zu haben. «Das entsprach zum Teil einem Jahresgehalt», bemerkt Markus Müller. Manche haben deshalb ihr Radio als Bausatz gekauft und selbst zusammengesetzt.

UKW-Einstieg verpasst
Kritisch sieht Markus Müller, dass die Schweiz es verpasst habe, frühzeitig auf UKW umzustellen. «Man war der Meinung, dass das für die Schweiz wegen der Reichweite und der Berge nicht geeignet sei.» So gab es ab 1952 nur DRS2 über UKW zu empfangen, alles andere lief über Beromünster auf Mittelwelle.

Dies habe bis in die 1970er-Jahre angehalten. Deshalb wurden auch nur wenige Radios produziert, die einen UKW-Empfang ermöglichten. Vielleicht auch ein Grund, weshalb die Radios der drei ausgestellten Marken wie auch viele andere Schweizer Radiohersteller spätestens ab den 1960er-Jahren vom Markt verschwanden.

Radioempfang gab es ab 1923 in der Schweiz, wofür zunächst der Flughafensender in Lausanne missbraucht wurde: Zwischen den nötigen Funkverbindungen zu den Flugzeugen wurde Musik gespielt.

Privater Sender in Zürich
In Zürich gab es ab 1924 mit «Radio Zürich» den ersten «echten» Sender, der ein Programm ausstrahlte. Finanziert wurde dieser wie auch andere Sender über private Vereine und deren Mitgliederbeiträge. 1931 fasste der Bund alle Sender unter der Schweizer Radio Gesellschaft (SRG) zusammen und kontrollierte sie inklusive einheitlicher Gebühren.

Ergänzend zu dieser Sonderausstellung, die auf Tafeln viele weitere Informationen bereithält, hat Markus Müller in einem zweiten Raum eine kleine Dauerausstellung eingerichtet. In dieser präsentiert er jeweils ein Radio aus jedem Jahrzehnt: Vom Kristalldetektor bis zum High-Tech-Gerät mit Kassetten- und CD-Laufwerk der 80er-Jahre zeigt diese eine imposante Entwicklung auf.

Radiomuseum Dorf, Flaachtalstrasse 19, jeweils am ersten Wochenende im Monat bis einschliesslich Oktober geöffnet. Nächster Termin: Samstag, 6. und Sonntag, 7. Juli, jeweils von 13.30 bis 17.30 Uhr

Eine Rock-Ola-Musikbox.
Eine Rock-Ola-Musikbox. / Christina Schaffner

Musikbox Rock-Ola

Ein besonderes Schmuckstück steht im Radiomuseum: eine Musikbox der amerikanischen Marke Rock-Ola, die in der Schweiz zusammengebaut wurde. Diese Musikbox hatte gegenüber anderen Modellen wie der Wurlitzer den Vorteil, dass in den oft kleinen Gaststuben nur die Boxen und der kleine Wandapparat für die Liedwahl hingen. Die eigentliche Musikbox stand in einem Nebenraum. Da bei der Musikbox in der Ausstellung oben und an der Vorderseite Scheiben angebracht sind, kann die Mechanik studiert werden. Sogar die Statistik, welche Lieder oft gespielt wurden, ist dort ablesbar. Abspielen darf Markus Müller Songs der Vinyl-Singles nur für Demozwecke – sonst wären Urheberrechtsgebühren fällig. Aber das reicht, um einen Eindruck der früheren mechanischen Technik zu bekommen und darüber in vergangene Zeiten einzutauchen.

War dieser Artikel lesenswert?

Zur Startseite

Zeitung Online lesen Zum E-Paper

Folgen Sie uns